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Sabine Wackernagel las Briefe von Rosa Luxemburg

23.10.2014 (arw)
Briefe von Rosa Luxemburg hat die Schauspielerin Sabine Wackernagel am Mittwoch (22. Oktober) vorgelesen. Die Lesung im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) war Teil der noch laufenden Reihe "Der Erste Weltkrieg – Veranstaltungen zum Gedenkjahr 2014".
Die Reihe wird vom Verein Strömungen organisiert. Sie bietet Vorträge zu den Ereignissen um den Ersten Weltkrieg an.
Wackernagel, die 1947 in Stuttgart geboren wurde, hat nach eigenen Angaben um 1970 begonnen, sich mit der Kriegsgegnerin Rosa Luxemburg zu beschäftigen. Seit einigen Jahren hat sie die Lesung der persönlichen Briefe Luxemburgs in ihrem Programm. Mit ihnen führe sie "quer durch Rosa Luxemburgs Leben", sagte Wackernagel.
Wer Luxemburg zuvor nur als politische Aktivistin kannte, hatte spätestens nach diesem Abend das Gefühl, die 1871 in Polen geborene und 1919 ermorderte Frau sehr persönlich kennengelernt zu haben. "Das Private ist politisch" begründete Wackernagel ihre Entscheidung, aus sehr persönlichen Briefen zu rezitieren.
Dabei las Wackernagel so inbrünstig aus den Briefen, so fröhlich, so verbittert und traurig, so aufgebracht, hitzig und wütend, dass das Gefühl aufkam, man selbst stünde der Aktivistin Luxemburg gegenüber. Ihr Charakter stellte sich dabei als gleichzeitig empfindsam und zynisch dar, wenn Luxemburg einerseits sehnsüchtig schrieb: "komm doch endlich, du Affe!", weil sie Ihren Mann vermisste. Andererseits schrieb sie 1906 verbittert an enge Freunde: "Jeden Tag werden zwei bis drei Soldaten abgestochen, und überhaupt ist es sehr, sehr lustig."
In all den Briefen, die Luxemburg aus der Haft heraus verfasst hat, schien sie stets ihren Lebenswillen und einen gewissen Frohsinn behalten zu haben, wenngleich sie in Belangen der linken Protestbewegungen unerbittlich war. Sie erteilte ihrer Sekretärin Mathilde Wurm vielleicht halb scherzhaft gemeinte, minutiöse Anweisungen, ihre Katze zu entführen und damit zu Retten.
Völlig ernsthaft hingegen meinte sie in einem Brief 1906: "Die Revolution ist großartig; alles andere ist Quark."
Nach rund 90 Minuten, die sich weit kürzer anfühlten, endete Wackernagel mit Luxemburgs letztem Brief vom 11. Januar 1919 an die Politikerin Clara Zetkin. Nur vier Tage vor ihrer Ermordung betonte Luxemburg darin ihren unerschütterlichen Lebenswillen und Frohsinn.
Mit Ihrem Programm gelang es Wackernagel, Luxemburg vor allem auch als Mensch greifbar werden zu lassen. Wer sie zuvor nur als Aktivistin kannte, hatte spätestens nach dem Vortrag das Gefühl, mit ihr persönlich bekannt zu sein. Zu hoffen bleibt, dass dieses Programm noch lange in Wackernagels Repertoire weiterlebt.
Armin Willems
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