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Leicht versetzt


35 Fulbright-Stipendiaten in Marburg

22.09.2014 (fjh)
"Während meines Deutschland-Aufenthalts kann ich nicht nur meinen fachlichen Horizont erweitern, sondern als Person wachsen", sagte Albert Manero II aus Florida, der gerade sein Promotionsvorhaben begonnen hat. Für Deutschland habe er sich entschieden, weil ihm ein zehnwöchiger Aufenthalt in Köln vor zwei Jahren zahlreiche positive Erfahrungen beschert habe.
Der junge Luftfahrttechniker ist einer der 35 von der Fulbright-Kommission geförderten Studierenden aus den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), die von Montag (4. August) bis Freitag (19. September) an der Philipps-Universität auf ihr Studienjahr in Deutschland vorbereitet wurden. Ein Schwerpunkt des Aufenthalts waren die Sprachkurse, die auf die unterschiedlichen Niveaus der Teilnehmenden eingingen.
"Mich hat die Erfahrung mit einer neuen Sprache bescheiden gemacht", erzählte Manero, der sich insbesondere über das hohe Maß an Geduld aller Personen freute, an denen er seine wachsenden Kenntnisse ausprobierte. "Die Anstrengung, die mich die neue Sprache kostet, zahlt sich doppelt aus: denn so weite ich auch jeden Tag meine Welt ein Stückchen aus", berichtete er.
Doch bei dem siebenwöchigen Programm war nicht nur Büffeln am Schreibtisch gefragt. Die Kursteilnehmer machten sich bei den Stadtwerken Marburg (SWM) zum Thema "erneuerbare Energien" kundig.
Die angenehme Atmosphäre der Universitätsstadt Marburg zwischen Fluss und den umliegenden Hügeln beeindruckte Manero ebenso wie eine abenteuerliche Tretbootfahrt auf der Lahn. Daneben bot die Universität als Gastgeberin auch ein intensives Rahmenprogramm.
"In einem Landeskundeseminar und verschiedenen Exkursionen lernten unsere Gäste die deutsche Geschichte, Politik und Kultur kennen", berichtete Organisator Raphael Peter, der die Gruppe während des Aufenthalts betreute. Prof. Dr. Albrecht Fuess vom Centrum für Nah- und Mitteloststudien (CNMS) gab zum Beispiel Einblicke in das Thema "Islam in Deutschland". Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Bernd Hayo informierte zum Thema "Eurokrise(n)", Dr. Christoph Purschke vom Deutschen Sprachatlas erläuterte Wissenswertes zu "Deutschen Dialekten und Sprache".
Dr. Thomas Strecker sowie Dr. Markus Eickmann vom Institut für Virologie informierten zur Virenforschung im Hochsicherheitslabor. Ein Besuch bei Foto Marburg illustrierte die Arbeit des Bildarchivs.
Ein Ausflug zum Museumsuferfest in Frankfurt, der traditionell mit einer Führung zur Stadtgeschichte verbunden wird, kam Peter zufolge besonders gut an. Daneben standen Marburgs Partnerstadt Eisenach und die Landeshauptstadt Wiesbaden auf dem Programm. Als sehr positiv erlebe er die zahlreichen Freundschaften, die aus diesen gemeinsamen Unternehmungen erwüchsen, erzählte Manero.
Ein Novum für die gastgebende Philipps-Universität bildete 2014 die große Auftaktveranstaltung, zu der die Fulbright-Kommission neben den Marburger Teilnehmern auch die Stipendiaten eingeladen hat, die keinen Sprachkurs mehr benötigen. "Dazu hatten wir für zwei Tage 47 junge Leute in Marburg zu Gast", berichtete Peter.
In den nächsten Monaten verfolgen die Fulbright-Stipendiatinnen und -stipendiaten nunmehr ihre Studienprojekte an unterschiedlichen Universitäten in ganz Deutschland. Manero zieht es nach Köln, wo er sich im Rahmen seines Promotionsvorhabens am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mit Hochtemperatur-Keramik beschäftigen wird: "Schon als Kind träumte ich von der Raumfahrt", gestand er.
Als passionierter Musiker – er spielt Saxophon, Ukulele und Klarinette – freue er sich auch auf die Kölner Oper sowie auf die Zeit mit seiner Frau, die ihn auf Einladung der Fulbright-Kommission begleitet. Für das frischvermählte Paar sei das wie eine einjährige Hochzeitsreise.
Daneben wird Manero ein Projekt weiterführen, das er mit Kommilitonen im vergangenen Frühjahr spontan in Angriff genommen hat: Dabei handelt es sich um die Entwicklung von bionischen Körperteilen mittels Open Source-Software, die sehr kostengünstig auf 3D-Druckern hergestellt werden können.
"Für den sechsjährigen Alex, der nur mit einem Arm geboren wurde, fertigten wir eine Art Ersatzarm mit beweglichen Fingern und Ellbogengelenk", berichtete er. Dafür habe das studentische Team einen eigenen Chip sowie eine Konstruktion entworfen, die es ermöglicht, mittels Elektroden die Bizepskontraktion in Bewegungen der künstlichen Hand zu übersetzen.
Da das Kunststoffmaterial und die Haltegurte für den Arm gespendet worden seien, beliefen sich die Kosten für das Hilfsmittel nur auf 350 US Dollar statt der 40.000 für ein handelsübliches Modell. Mit einer gerade in Gründung befindlichen Stiftung will Manero die Gelder beschaffen, um noch mehr Menschen zu individuell angepassten künstlichen Gliedmaßen verhelfen zu können und diese auch dem Wachstum von jungen Patienten anzupassen.
"Dieses Projekt verkörpert für mich das Beste, was ich aus meiner Ausbildung machen konnte: wir ermutigen damit Kinder, trotz ihrer Behinderung große Träume zu verfolgen", fasste Manero zusammen. Die Erinnerung an den sehr berührenden Moment, als Alex wie selbstverständlich mit seiner neuen Hand sicher nach Gegenständen gegriffen habe, sei noch ganz frisch.
Die amerikanische Fulbright-Kommission wurde auf Initiative des US-Senators James William Fulbright unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg als weltweites Programm gegründet, um das gegenseitige Verständnis zwischen den USA und mittlerweile 180 anderen Staaten durch akademischen und kulturellen Austausch zu fördern. Die deutsche Fulbright-Kommission hat seit ihrer Gründung 1952 mehr als 40.000 US-Amerikaner und Deutsche mit einem Stipendium bedacht. Prominente Stipendiaten waren zum Beispiel der Nobelpreisträger für Medizin Erwin Neher, der Tagesthemenmoderator und Autor Ulrich Wickert, der ehemalige Bundestagsabgeordnete Peter Conradi und der amerikanische Autor Jonathan Franzen.
pm: Philipps-Universität Marburg
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