20.09.2014 (jfu)
"Ich beginne jetzt mit meinem 90-minütigen Vortrag über die Bedeutung des FC Schalke 04 für die Geschichte des christlichen Abendlandes." Schon mit diesem Satz hatte Manfred "Manni" Breuckmann am Freitag (19.September) im Ristorante "Colosseo" die Zuhörer auf seiner Seite.
Dabei war der Saal fußballtechnisch eher gespalten: Auf Nachfrage fand Breuckmann sogar Bayern-Fans.
Der gelernte Jurist ist vor allem als Sportreporter bekannt. Er kam auf Einladung des
Deutschen Vereins der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS) nach Marburg. Wie Gastgeberin Annette Bach erzählte, hatte sie bei ihrer Anfrage nicht einmal mit einer Antwort gerechnet. Die kam jedoch sowie dann am Freitagabend auch der prominente Gast selbst.
Das lag auch an Breuckmanns persönlichen Verbindungen zu Marburg. Von 1971 bis 1975 hat er an der
Philipps-Universität Jura studiert.
Diese Zeit bezeichnete er als "so mit die schönsten Jahre meines Lebens". Schon darüber hatte er viel zu erzählen vom Skatspiel in der Kneipe "Zum Schwarzen Walfisch" bis zu seiner Arbeit als Discjockey in Vogelsberg.
In dieser Zeit begann auch seine Karriere als Sportreporter. 1972 meldete sich Breuckmann auf einen Aufruf des
Westdeutschen Rundfunks (WDR) und setzte sich mit seiner Stadion-Berichterstattung gegen über 100 anderen Bewerbern durch. Von da an studierte er an Wochentagen und fuhr am Wochenende mit seinem alten VW Käfer ins Stadion.
Breuckmann ist froh, dass er für den Sportjournalismus nicht sein Studium aufgegeben hat. "Ich war nicht so ein Shooting Star", betonte er. Auch heute würde er dazu raten, Sportberichterstattung nicht als einzigen Beruf anzustreben.
Seine gesamte Karriere lang berichtete er denn auch nicht nur über Sport, sondern arbeitete auch im Bereich Politik. Dabei kam ihm das juristische Fachwissen wieder zugute.
Auch seine künstlerische Aktivität blieb am Freitag nicht unerwähnt. Schon zur Begrüßung trugen der Marburger Musiker Rainer Husel und Mitglieder des DVBS-Chors dem Reporter seinen eigenen Rocksong "Im Your Radio" vor. Später las Breuckmann mit viel Elan aus seinem Buch "Mein Leben als jugendlicher Draufgänger" vor, wie er mit seinem ersten Spielkommentar vom Radio aus das Ruhrgebiet erschütterte.
Das Interesse seiner Zuhörer galt aber in erster Linie seiner Sportberichterstattung im Radio. Dabei wurden verschiedenste Fragen nach seinen Erlebnissen, nach Begegnungen und seinen persönlichen Meinungen gestellt.
Und Breuckmann wusste zu berichten. Das ging von der Neutralität des Berichterstatters über Stil und Emotionalität bis hin zur Arbeit im Stadion ohne hilfreichen Fernsehmonitor. Derartige Geräte stehen den Reportern erst seit 20 Jahren zur Verfügung.
Angesichts der Entfernung mancher Sprecherkabine zum Spielfeld gab der Sportreporter eine Kostprobe von der Kunst, einen Spielzug zu schildern, ohne einen Spielernamen zu nennen. Auch sei es für Radiomacher schwierig, wenn in einem Spiel einmal nichts passiere.
Der Extremfall war für Breuckmann der "Torfall von Madrid" 1998, bei dem es 75 Minuten dauerte, bis das Spiel weitergehen konnte. "Also metaphert man sich zu Tode". Das sei schwierig, aber mit ein bisschen Phantasie und Galgenhumor durchaus möglich.
Als Reporter sei er schließlich dafür da, die Augen und Ohren des Radiohörers zu ersetzen. Das hat er auch geschafft, als er in Düsseldorf für blinde Besucher jeden einzelnen Wagen des Rosenmontagszugs beschrieb.
Mit Humor und Selbstironie schaffte Manni Breuckmann einen unterhaltsamen Abend. Bei den gut 40 Veranstaltungsteilnehmern vom DVBS und dem Ehrengast Egon Vaupel stieß er auf großes Interesse, wie ein Zuhörer erklärte: "Ich hätte Ihnen am liebsten 1.000 Fragen gestellt."
Breuckmanns Leidenschaft für Fußball und Journalismus zeigte sich zum Schluss dann noch einmal ganz deutlich. Er beendete den Abend mit seinen zehn Lieblingszitaten von Fußballern. Angesichts dieser urkomischen Sprüche wie auch der feinsinnigen Selbstironie Breuckmanns blieb an diesem Abend kein Auge trocken.
Johanna Fuchs
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