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Zwei Jahrgänge


Jürgen-Markus-Preis für vier Inklusionsprojekte

15.09.2014 (tro)
Der Jürgen-Markus-Preis wurde am Freitag (12. September) im Historischen Saal des Rathauses überreicht. Den Einsatz der vier ausgezeichneten Initiativen für Barrierefreiheit prämierte die Universitätsstadt Marburg mit insgesamt 20.000 Euro.
Jürgen Markus hat sich Zeit seines Lebens für die Verbesserung der Barrierefreiheit in Marburg eingesetzt. Der Marburger wollte Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.
Projekte mit dem gleichen Ziel möchte die Stadt nach seinem Tod mit einem Preis in seinem Namen fördern. Deshalb hat sie im Jahr 2012 den Jürgen-Markus-Preis gestiftet.
Die Projekte umfassen ein Fahrrad und einen Angelplatz, ein Inklusionsprojekt und ein inklusives psychomotorisches Betreuungsangebot. Wie unterschiedlich ein Ansatz aussehen kann, um die Teilhabe von behinderten Menschen in den verschiedensten Lebensbereichen zu erreichen, illustrieren die Gewinner des Jürgen-Markus-Preises 2014.
Aus acht Bewerbungen hatte das 15-köpfige Kuratorium seine Wahl zu treffen. Dabei galt es unter anderem, zu berücksichtigen, wie der Inklusionsgedanke innerhalb des jeweiligen Projekts verwirklich werden soll, wie neu und kreativ der Ansatz ist und wie seine Wirkung eingeschätzt werden kann.
Zwei Anbieter aus dem sozialen Bereich haben das Kuratorium in diesem Jahr mit neuen Ideen besonders überzeugt und zwei Initiativen aufgrund ihrer Alltäglichkeit, erklärte Jürgen Markus' Lebensgefährtin Susanne Holz.
Jörg Fretter hat sich unter dem Motto "Teilhabe und Inklusion durch Rad-Rad-Radfahren" beworben. Er möchte mit der Anschaffung eines Dreirads mit Elektroantrieb Behinderten eine Teilhabe im Bereich Fahrradfahren ermöglichen. Das Dreirad, das mit einer Rampe ausgestattet und für den Transport eines Rollstuhls geeignet ist, soll im nächsten Jahr im Fahrradverleih des Ufercafés ausgeliehen werden können.
Gerade durch die Konkretheit sei die Idee äußerst kreativ, lobte Holz. Dafür erhält Fretter 10.000 Euro des Preisgelds.
Ebenfalls ganz konkret war das Projekt des Fischereivereins Marburg und Umgebung. Der Verein hat einen barrierefreien Angelplatz bauen lassen. Damit gibt er behinderten Menschen die Möglichkeit, trotz ihres Handicaps angeln zu gehen oder zu lernen.
Außerdem kann der Zugang von den Schülern der Deutschen Blindenstudienanstalt (BliStA) genutzt werden, die dort ihren Einstieg zum Kanufahren haben. Dafür gibt es 5.000 Euro Preisgeld.
"Inklusion bewegt" ist der Titel eines Projekts der Jugendkonflikthilfe (JUKO), des Vereins zur Förderung der Inklusion behinderter Menschen (fib) und des Vereins zur Förderung bewegungs- und sportorientierter Jugendsozialarbeit (bsj). Bei diesem Angebot sollen Kinder und Jugendliche gleichberechtigt Freizeit und kulturelle Angebote erleben können.
Bereits seit 2009 arbeiten über 20 Partner in einem Netzwerk zusammen, um ein gelebtes Miteinander zu unterstützen. Gefördert werden konkrete Projekte vor Ort wie die Durchführung der Ferienspiele im Stadtwald unter Berücksichtigung des Inklusionsgedankens.
In diesem Ansatz sieht das Kuratorium des Jürgen-Markus-Preises die "umfassendste Perspektive". Hier wolle man eine besonders nachhaltige Verankerung im lokalen Handeln erreichen.
Dieses Projekt wird durch die Aktion Mensch gefördert. Nun bekommt es auch ein Preisgeld von 2.500 Euro.
Pünktlich zu seinem 30-jährigen Jubiläum erhält auch der Verein zur Bewegungsförderung und Psychomotorik Marburg den Jürgen-Markus-Preis. Ausgezeichnet wird sein "Inklusives Psychomotorisches Betreuungsangebot" für Kinder der Erich-Kästner-Schule. Bei der Psychomotorik wird die Entwicklung insbesondere von Kindern und Jugendlichen ganzheitlich gefördert.
Das Konzept wird hier in einem neuen Projekt innerhalb einer bereits länger bestehenden Zusammenarbeit umgesetzt. Um ein "gemeinsames Tun bei aller vorhandenen Unterschiedlichkeit" gehe es dabei für die Kinder sowohl der Grundschule wie auch des Ganztagsangebots der Schule mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung. Der Verein bekommt dafür ebenfalls 2.500 Euro.
Man habe bewusst keine Rangfolge unter den Preisträgern vergeben, erklärte Holz. Die Höhe des Preisgelds wurde daran bemessen, welcher Finanzrahmen zur Finanzierung des jeweiligen Projekts beitragen kann.
Sie hätte Markus bei der Entscheidungsfindung manches Mal gern um Rat gefragt, sagte Holz weiter. Dass ein Preis in seinem Namen verliehen wird, das halte die Erinnerung an ihn wach.
Diesen Gedanken formulierte auch Oberbürgermeister Egon Vaupel. Traurig sei, dass "Jürgen Markus nicht mehr unter uns" sei. Aber er sei eben doch noch unter uns, indem man sich an ihn als Mensch und Persönlichkeit erinnere ebenso wie an ihn als Politiker und an die Aufgabe, der er sich verschrieben hatte.
"Sein Tod hinterließ eine Lücke, die wir bis heute spüren", bedauerte Vaupel. Der Tag der Preisverleihung wäre der 57. Geburtstag von Markus gewesen, der im Februar 2010 verstorben war. Zuletzt hatte er immer stärker mit  gesundheitlichen Problemen in Folge seiner Querschnittslähmung nach einem Unfall bei den Sport-Dies 1982 zu kämpfen gehabt.
"Er beeindruckte alle, die ihn kennenlernen durften, wie er mit seiner Behinderung umging", sagte Vaupel. Sein Einsatz habe der uneingeschränkten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in jedem Lebensbereich gegolten. Dazu soll der Preis, der in seinem Namen gestiftet wurde, nun auch andere motivieren.
Vaupel betonte auch, dass die Problemstellung oft in der Überzeugung diskutiert werde, dass man damit etwas für die Behinderten täte. Eine barrierefreie Stadt bedeute aber eigentlich einen Gewinn für alle Bürgerinnen und Bürger.
"Manchmal muss der Abbau von Barrieren auch in den Köpfen erfolgen", resümierte Vaupel. Er ermunterte schon jetzt dazu, sich für den nächsten Jürgen-Markus-Preis zu bewerben. Der wird im Jahr 2016 vergeben werden.
Die diesjährige Preisverleihung wurde von Rainer Husel musikalisch umrahmt. Zu Gast waren auch zwei der Preisträger aus dem Jahr 2012. Sie berichteten davon, was  sich seitdem aus ihrem Projekt entwickelt hat.
Dr. Theresia Jacobi und Jürgen Hoffmann hatten ein Konzept zu touristischen Angeboten für mobilitätseingeschränkte Personen als Bewerbung eingereicht. Mit dem Preisgeld konnten sie in der Folge den Flyer "Marburg auf leichten Wegen" entwickeln, der seit wenigen Wochen vorliegt.
"Ich persönlich hätte mir nie träumen lassen, dass unsere Belobigung so lange nachwirkt", erklärte Hoffmann. Genau darum geht es den Initiatoren des Preises. Ideen sollen umgesetzt und nachwirken können.
Die Beteiligten hoffen, dass durch den Preis weitere Menschen - egal ob Privatpersonen, Mitglieder von Vereinen oder Angehörige von Institutionen - einen Anstoß bekommen, sich für mehr Barrierefreiheit zu engagieren.
pm: Stadt Marburg
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