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Närrisches Erwachen


Kehraus beim Marburger Rosenmontagszug

04.03.2014 (ang)
Der Marburger Rosenmontagszug ist seit Jahren ein großes Spektakel. Das gilt zumindest, wenn man nicht zufällig aus einer faschings-affinen Gegend kommt.
Gebürtige Marburger freuten sich aber auch in diesem Jahr auf ein dreifach donnerndes "Marburg-Helau" beziehungsweise "Marburg Olé". So lautete das karnevalistische Motto 2014.
Ein angeheiterter Kaktus prangte wohl deshalb auf dem ersten Wagen, auf dem auch Bürgermeister Dr. Franz Kahle mitfuhr. Jemand hatte ihm gemäß dem Motto einen Poncho angezogen und einen Sombrero aufgesetzt.
Das aber schien dem Bürgermeister nicht sonderlich zu gefallen. Mit etwas missmutiger Miene warf der Kamellen auf die zahlreichen, den Zug säumenden Narren.
Die Begeisterung auf den folgenden Wagen war ungleich größer. Die Niederwalger widersetzten sich mit ihrem als gallisches Dorf á la Asterix und Obelix dekorierten Wagen dem vorgegebenen Thema. Der Schriftzug "Unbeugsame Wälger" stand also völlig zu Recht auf dem Wagen.
Den Vogel schoss wenig später die Volksbank Mittelhessen ab. Der Mann mit Megaphon auf dem Wagen hielt sich ebenfalls nicht an das Motto "Marburg Olé". Er rief einfach "Volksbank Helau". Am Rudolphsplatz grüßte er lautstark "die Kollegen von der Baufinanzierung im ersten Stock".
Manche der Zugteilnehmer gingen weniger ironisch mit ihrer offenkundigen Werbefunktion um und warben auch einfach mal für ein Autohaus oder Ähnliches. Die fünfte Jahreszeit ist in Marburg eben so eine Sache. Fernab einer Faschings-Hochburg geht das eben ganz unmaskiert.
Ob es nun wie im Rheinland Karneval, wie in Bayern Fasching oder im närrischen Rest-Hessen Fastnacht heißt, scheint hier keinen zu kümmern. Marburg ist eben eine - auch im karnevalistischen Sinne - multikulturelle Stadt.
Die größte lokale Tageszeitung schaffte dafür unlängst einen schönen Neologismus mit dem "Rosenmontagsumzug". Dabei handelt es sich wahrscheinlich um ein Kompositum aus Fastnachtsumzug und dem bekannten Rosenmontagszug ohne "um". Oder haben die Autoren etwa daran gedacht, dass man sich beim Verkleiden umzieht?
Aus jedem zweiten der zählbaren Wagen wummerte Helene Fischers "Durch die Nacht". Das passt zwar nicht ganz zu Fasching, ist aber ein recht gutes Lied. So werden hier närrische Prioritäten gesetzt.
Wo sonst das Prinzenpaar den Rosenmontagszug abschließt, sind es in Marburg die Kehrmaschinen der Stadtwerke. Die fahren unmittelbar hinter dem Prinzenpaar her, um die nicht rechtzeitig aufgesammelten Kamellen wegzukehren.
Wenn der Zug vorüber ist, bleibt also nichts zurück. Eine Dreiviertelstunde hat er gedauert. Die frisch gefegte Straße vor dem Rudolphsplatz stimmt auf einmal ein wenig traurig. Ziemlich kurzweilig, der Marburger Karneval. Oder Fastnacht. Schade, dass es schon wieder vorbei ist.
Alexander Grebe
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