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Vorhersehbarer Tod


Land will gegen Klinikkonzern klagen

01.03.2014 (fjh)
Die Partikeltherapie ist tot. Die Rhön-Klinikum AG hat die Inbetriebnahme der entsprechenden Anlage aus Kostengründen verweigert. Nach Ablauf einer vom Land Hessen gesetzten Frist bis Freitag (28. Februar) will die Landesregierung nun gegen den Klinik-Konzern klagen.
Der Ausgang des Streits um die Anlage auf den Lahnbergen war seit Langem absehbar. Beim Verkauf des fusionierten Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) hatte das Land mit der Rhön AG die Inbetriebnahme der Partikeltherapie vertraglich vereinbart. Dafür erhielt der Klinik-Betreiber einen Preisnachlass von 100 Millionen Euro.
Später behauptete Rhön jedoch, der Betrieb der neuartigen Anlage sei nicht rentabel. Deshalb wollte die Geschäftsführung des UKGM die teure Technik gar nicht erst in Betrieb nehmen. Auch Vermittlungsversuche, wonach die Partikeltherapie im Verbund mit einer gleichartigen Anlage in Heidelberg profitabler betrieben werden könnte, konnten den Rhön-Konzern nicht zum Umdenken bewegen.
Der für die Partikeltherapie eigens berufene Hochschullehrer verließ daraufhin die Philipps-Universität völlig entnervt. Ihm seien falsche Versprechen gemacht worden, klagte er enttäuscht.
Nun klagt auch die Landesregierung. Ihr hat die Rhön AG bei der Privatisierung der Kliniken ebenfalls falsche Versprechen gemacht.
Dieses Debakel war jedoch vermeidbar. Schon vor dem Verkauf der beiden Universitätskliniken überwogen Warnungen vor unabsehbaren Folgen der ersten - und bisher glücklicherweise einzigen - Privatisierung einer Universitätsklinik in Deutschland.
Sehenden Auges ist die Landesregierung damals in dieses gefährliche Abenteuer hineingestolpert. Die Gefahren für die Beschäftigten, die Gesundheit der Patienten, die Qualität der medizinischen Ausbildung an beiden Hochschulen sowie für das Land waren vorhersehbar.
Doch der Privatisierungswahn in der CDU und vor allem der FDP sowie Teilen der SPD führt immer wider zu Entscheidungen zu Lasten der öffentlichen Daseinsvorsorge. Das schnelle Geld reizt politische Hasardeure zum Stopfen von Haushaltslöchern auf Kosten künftiger Steuerzahler.
Während der Marburger SPD-Landtagsabbgeordnete Dr. Thomas Spies sich immer eindeutig gegen den Verkauf der Kliniken positioniert hat, leistet sich seine Partei auf Bundesebene einen "Gesundheitspolitischen Sprecher" ganz anderen Kalibers. Jahrelang saß Prof. Dr. Carl Lauterbach im Aufsichtsrat eben jener Rhön Ag, der Gesundheit und Leben von Patienten anscheinend egal ist.
Von der partikeltherapie erhoffen sich viele Experten schonendere und erfolgversprechendere Therapieansätze zur Behandlung verschiedener Krebsarten. Natürlich ist solch eine neuartige Technik nicht gleich von Anfang an kostendeckend. Das musste die Rhön Ag aber bereits bei Abschluss der Kaufverträge wissen.
Das derzeitige Debakel zeigt eindeutig, dass eine Privatisierung von Universitätskliniken absolut schädlich ist. Wo sonst als an Universitäten könnte man neuartige Behandlungskonzepte entwickeln und ausprobieren, bevor sie in die medizinische Praxis übergeleitet werden?
Das allerdings ist zumindest zu Beginn selten kostendeckend. Forschung als "Profitcenter" begrenzt die Wissenschaft auf Mittelmaß oder Stillstand sowie Projekte zu militärischen oder machterhaltenden Zwecken.
Ohnehin ist der Kostendruck eines der Hauptprobleme im Gesundheitswesen. Zumindest die hessische SPD plädiert hier - ebenso wie Die Linke - für eine einheitliche Bürgerversicherung, die diesem Problem wirkungsvoller zu Leibe rücken könnte als die bislang üblichen Einsparaktionen zu Lasten der Versicherten.
In der neuen Koalition mit den Grünen muss nun auch die CDU Farbe bekennen und Rhön die Rote Karte zeigen. Unter Schwarz-Gelb stellte sich Ministerpräsident Volker Bouffier noch taub für die massenhaften Proteste gegen die Klinik-Privatisierung.
Gesundheit ist keine Ware. Mit der Privatisierung und dem ständig steigenden Kostendruck im Gesundheitswesen stirbt nicht nur die Menschenwürde der Patienten. Die Partikularinteressen der Profiteure lassen mit dem Tod der Partikeltherapie mnöglicherweise auch manchen Krebspatienten ohne die mögliche Heilung qualvoll krepieren.
Franz-Josef Hanke
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