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Defizit dank Denkfehler


McGovern kritisiert Finanznot im ÖPNV

26.11.2013 (fjh)
Die finanziellen Rahmenbedingungen für den lokalen Personennahverkehr verschlechtern sich weiter. Bei der Einbringung des Entwurfs des RNV-Wirtschaftsplans 2014 in die Verbandsversammlung des Regionalen Nahverkehrsverbands (RNV) verdeutlichte dessen Vorstandsvorsitzender Dr. Karsten McGovern am Dienstag (26. November), dass das Defizit erneut um circa 270.000 Euro auf nunmehr rund 3,5 Millionen Euro ansteigt.
"Die Kommunen werden mit dem Kosten des ÖPNV alleine gelassen", beklagte McGovern. "Einerseits versuchen wir, die Einnahmenerlöse aus den Fahrkartenverkäufen mit eigenen Maßnahmen zu steigern; so konnten wir in den letzten drei Jahren die Einnahmen um fast 500.000 Euro erhöhen; gleichzeitig fließen aber rund 30 Prozent unserer Gesamteinnahmen von etwa 5,6 Millionen Euro in die Finanzierung des regionalen Schienen- und Busverkehrs. Für den lokalen Verkehr steht dann immer weniger Geld zur Verfügung."
Hinzu kommen Kostensteigerungen bei den Ausschreibungen. Wurden bei den Ausschreibungen der Verkehrsleistungen von 2003 bis 2006 noch vergleichsweise gute Preise je Kilometer von deutlich unter 2 Euro erzielt, so zeigen die aktuellen Ausschreibungen nunmehr eine klare Tendenz zu einem sogenannten "Nutzwagenkilometer"-Preis von 3 Euro. Der Nutz-Wagen-Kilometer ist ein statistischer Wert, der die Fahrleistungen der Zugfahrzeuge im Straßenbahn- und Omnibusverkehr sowie im Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen angibt.
Diese Entwicklung sei auch bei der Vergabe der Linienbündel "MR Nordost" sowie "MR West" im Rahmen von europaweiten Ausschreibungen zum 15. Dezember 2013 deutlich erkennbar. Im Wirtschaftsjahr 2014 entstehen daher für den RNV Mehraufwendungen von circa 547.000 Euro im Lokalverkehr gegenüber den Aufwendungen aus den Altverträgen im Wirtschaftsjahr 2013, auch wenn der Landkreis Marburg-Biedenkopf 210.000 "Nutzwagenkilometer" im lokalen Verkehr an Leistungen reduziert hat.
Hoher Kostenfaktor im Landkreis ist die Schülerbeförderung. "Wir sind stolz auf das, was wir in den letzten Jahren mit Kapazitäts- und Qualitätsverbesserungen für unsere Schülerinnen und Schüler erreicht haben, auch wenn uns das Land mit der finanziellen Ausstattung fast alleine lässt", erläuterte der RNV-Vorstandsvorsitzende die Situation in der Schülerbeförderung.
"Wurden in den 80er Jahren noch die Kosten der Schülerbeförderung vom Land zu 100 Prozent übernommen, bleiben wir heute bei Aufwendungen für die Schülerbeförderung im Kreishaushalt von rund 6,3 Millionen Euro auf einem Zuschuss von nicht einmal 30 Prozent der Aufwendungen sitzen; dabei ist das zusätzlich vom RNV aufgrund der hohen Kosten für die Schülerbeförderung ausgewiesene Defizit von jetzt 3,5 Millionen Euro noch nicht einmal einbezogen", kritisierte der Erste Kreisbeigeordnete und RNV-Vorstandsvorsitzende McGovern die fehlende Unterstützung des Landes Hessen für die Schülerbeförderung. Um auf dem Land Verkehrsangebote zu machen, wurden die "AST-Verkehre" ausgebaut. "AST" steht für Anruf-Sammel-Taxis.
Die Inanspruchnahme der Fahrten und die stetig steigenden Fahrgastzahlen rechtfertigen die Aufwendungen von etwa 750.000 Euro für dieses gut funktionierende System, das einen hohen Anteil des ÖPNV-Angebots abends und am Wochenende im ländlichen Raum darstellt. Wurden 2011 noch 67.000 Personen befördert, waren es 2012 schon fast 72.000, die das AST-Angebot in Anspruch nahmen.
"Auch dieses Angebot müssen wir alleine stemmen", berichtete McGovern. "Bei allen Bekundungen seitens des RMV und des Landes fristen alternative Verkehrsangebote ein Mauerblümchen-Dasein, hinsichtlich der finanziellen Unterstützung der lokalen Aufgabenträger."
In geringem Maße werden die lokalen Aufgabenträger zwar mit dem letzten Aufsichtsratsbeschluss des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) vom Donnerstag (21. November) entlastet; der wirklich große Wurf ist das aber nicht. Die Hauptlast für die lokalen Verkehrsangebote und die Schülerbeförderung verbleibt bei den örtlichen Aufgabenträgern.
Sinkende Schülerzahlen, dadurch geringere Einnahmen, ständig steigende Kraftstoff- und Personalkosten der beauftragten Busunternehmen und zusätzliche Aufwendungen für den Vertrieb werfen ihre Schatten voraus. Die tatsächlichen Auswirkungen dazu sind derzeit noch nicht vollständig abschätzbar.
McGovern fordert im Rahmen der neuen Finanzierungsvereinbarung mit dem Land eine deutliche Verbesserung der lokalen Verkehrsangebote. "Ein großer Strom ist nur so groß, wie er durch seine Nebenflüsse gespeist wird", verglich McGovern die prekäre Situation der lokalen Aufgabenträger mit dem RMV. "Was nützt es dem RMV und dem Land, wenn die Nebenflüsse wegen finanzieller Probleme austrocknen und der große Strom damit kein Wasser- sprich keine Fahrgäste - mehr erhält??" McGovern zeichnete eine düstere Zukunft der RMV-Solidargemeinschaft: "Die deutliche Verstärkung der Verkehre im Rhein-Main-Gebiet und der Zufluss aller verfügbaren Mittel dorthin kann nicht dazu führen, die ländlichen Gebiete am Rande des Rhein-Main-Gebietes zu vergessen."
pm: Landkreis Marburg-Biedenkopf
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