05.11.2013 (fjh)
Prof. dr. Klaus Ruedenberg von der Iowa State University ist an der
Philipps-Universität mit der Hans-Hellmann-Lecture geehrt worden. Prof. Dr. Stefanie Dehnen als Vorsitzende des Ortsverbandes Marburg der Gesellschaft Deutscher Chemiker und Prof. dr. Andreas Seubert als Dekan des Fachbereichs Chemie betonten in ihrer Begrüßung die Freude darüber, dass diese Auszeichnung 2013 zum ersten Mal verliehen wird.
In seiner Laudatio hob Hans-Hellmann-Forschungsprofessor dr. Gernot Frenkingdas breite Spektrum von grundlegenden Arbeiten Ruedenbergs auf dem Gebiet der Quantenchemie hervor, die von einem großen Verständnis der Verknüpfung von klassischen chemischen Fragestellung mit ihrer elementaren mathematischen Behandlung zeugen. In den Jahren zwischen 1955 und 1970 hat er Pionierarbeiten in der noch sehr jungen Disziplin der quantentheoretischen Behandlung der chemischen Bindung publiziert, die zu den Grundlagen der theoretischen Chemie zählen. "Das wissenschaftliche Werk von Klaus Ruedenberg gehört zu den fundamentalen Beiträgen in der Quantenchemie", schloss Frenking.
Universitäts-Vizepräsident Prof. dr. Ulrich Koert überreichte dem Geehrten die Urkunde. Anschließend trug Ruedenberg zum Thema "Three Millennia of Atoms, Molecules and Bonds – the Growth of Scientific Insights in the Atomistic Structure of Matter from Democritus to Quantum Chemistry" vor.
Die Hans-Hellmann-Lecture wird 2013 erstmals im Rahmen der Hans-Hellmann-Seniorprofessur an einen hochrangigen Vertreter des Fachs Chemie verliehen. Ihr Namensgeber Hans Gustav Adolf Hellmann (1903-1938) gilt als Begründer der Theoretischen Chemie als eine Schlüsselfigur in der Entwicklung der Quantenchemie.
Sein 1937 erschienenes Lehrbuch über Quantenchemie war das erste seiner Art. Hellmann wurde vier Jahre nach seiner Emigration nach Russland im Jahr 1938 in der Zeit des "großen Terrors" hingerichtet. Eine eigene Schule der Theoretischen Chemie zu begründen, war ihm daher nicht möglich.
Ruedenberg wurde 1920 in Bielefeld geboren. Als Jude emigrierte er während des Nationalsozialismus in die Schweiz.
Während seines Chemiestudiums in Fribourg entwickelte er ein großes Interesse an der mathematischen Behandlung von interatomaren Wechselwirkungen, sodass Ruedenberg für seine Promotion einen Wechsel in die theoretische Physik vornahm. 1945 wurde er von Gregor Wentzel an der Universität Zürich als Doktorand angenommen und besuchte Vorlesungen und Seminare von Wolfgang Pauli, Erwin Schrödinger und Werner Heisenberg.
1948 folgte er seinem Doktorvater an die University of Chicago, wo Wentzel eine Professur für Theoretische Physik übernahm. Dort hörte er Vorlesungen von Enrico Fermi, Edward Teller und Maria Goeppert-Mayer. Seine Promotion mit dem Titel "Zur Theorie der starken Kopplung zwischen Nucleonen und pseudovektoriellen Mesonen" hat Ruedenberg 1951 formal an der Universität Zürich abgeschlossen.
Sein wissenschaftliches Interesse galt der Verbindung von Chemie und Quantentheorie, was zu dieser Zeit eine höchst exotische wissenschaftliche Disziplin war, die noch in den Anfängen steckte. Es war ein Glücksfall, dass an der University of Chicago Robert S. Mulliken arbeitete. Er war einer der Pioniere der Quantenchemie.
Von 1951 bis 1955 war Ruedenberg als Postdoktorand bei Mulliken und arbeitete an elementaren mathematischen Problemen der Berechnung von Integralen. Es gelang ihm, die sechsdimensionalen Austauschintegrale auf eine eindimensionale Quadratur von Ladungsfunktionen zu reduzieren.
Dank dieses Ansatzes war es 1955 möglich, mit Hilfe eines elektrischen Tischcomputers die erste Ab-Initio-Berechnung für ein größeres Molekül als H2 durchzuführen. Dabei handelte es sich um eine SCF-Rechnung des N2 mit minimalem Basissatzes.
1955 begann Ruedenberg seine unabhängige akademische Karriere an der Iowa State University, wo er mit Ausnahme einer kurzen Unterbrechung von 1962 bis 1964 an der Johns Hopkins University bis heute als Professor für Chemie und Physik und seit 1978 als Distinguished Professor für Geistes- und Naturwissenschaften tätig ist. Seine wissenschaftlichen Leistungen umfassen ein breites Spektrum von grundlegenden Arbeiten auf dem Gebiet der Quantenchemie, die von einem großen Verständnis der Verknüpfung von klassischen chemischen Fragestellungen mit ihrer elementaren mathematischen Behandlung zeugen.
Sein lebenslanges Interesse galt dem Verständnis der Natur der chemischen Bindung auf der Grundlage von quantentheoretischen Postulaten sowie der Veränderung der elektronischen Struktur bei einer chemischen Reaktion. Weitere grundlegende Arbeiten, die Eingang in gängige Programme der Quantenchemie wie MOLPRO und GAMESS gefunden haben, erfolgten auf dem Gebiet der Methodenentwicklung für die Erfassung der Korrelationsenergie und der Berechnung von Reaktionskoordinaten.
Ruedenberg ist wissenschaftlich noch immer sehr aktiv. Bis auf den heutigen Tag publiziert er quantenchemische Arbeiten zum Verständnis der chemischen Bindung.
pm: Philipps-Universität Marburg
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