09.10.2013 (fjh)
Zum dritten Mal hat die
Universitätsstadt Marburg den Gleichberechtigungspreis verliehen. Die Elisabeth-Kaffee-Gruppe des
Marburger Weltladens wurde am Dienstag (8. Oktober) im Historischen Saal
des Rathauses mit dem Preis ausgezeichnet. Seit 2007 vermarktet die Gruppe in Zusammenarbeit mit der Landfrauenkooperative Coordinadora de Mujeres Campesinas de La Paz (COMUCAP) - der Landfrauenorganisation von La Paz - in Honduras einen ökologischen und fair gehandelten Kaffee.
Die Gruppe versteht die Landgräfin Elisabeth von Thüringen als "symbolische Figur des fairen Handels“, weil sie sich zu ihrer Zeit bereits für ökonomisch Benachteiligte einsetzte. Hinzu kommt die Vision, „ein Bewusstsein dafür zu
entwickeln, dass die gleichberechtigte Chance auf gerecht entlohnte Erwerbstätigkeit für Frauen genauso wie für Männer in Deutschland und allen anderen Teilen der Welt selbstverständlich sein sollte. Daraus ist der "Elisabeth-Kaffee“ entstanden.
Eine Gruppe des Marburger Weltladens hatte sich 2006 zum Ziel gesetzt, anlässlich des Elisabeth-Jahrs 2007 einen ökologischen und fair gehandelten "Kaffee mit Gesicht“ auf den Markt zu bringen. Seitdem arbeitet die Gruppe mit der Frauenkooperative COMUCAP im honduranischen Marcala zusammen.
Das Engagement der Elisabeth-Kaffee-Gruppe wurde nun mit dem Marburger Gleichberechtigungspreis gewürdigt. Die Gruppe verfolge mit ihrem Wirken ihre Vision konsequent. Sie habe ein breit gefächertes Spektrum von Maßnahmen und Aktivitäten entwickelt , erklärte die Vorsitzende der Gleichstellungskommission Dr. Marlis Sewering-Wollanek in ihrer Laudatio auf die Preisträgerin.
Dazu zählen beispielsweise die Mitgestaltung des 25. November als Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen in Marburg, Informationsstände und die Präsentation der Wanderausstellung zum Elisabeth-Kaffee und natürlich auch der kontinuierliche Kontakt zu den Landfrauen von COMUCAP. Als Begründung für ihre Entscheidung zur Vergabe des Preises nannten die sechs Jury-Mitglieder unter anderem, dass die Gruppe ein globales wirtschaftliches und politisches Engagement mit der Region Marburg verknüpfe. Auch die paritätische Besetzung der Gruppe – derzeit besteht sie aus vier Männern und vier Frauen – war
ein überzeugendes Argument für die Jury.
Die Entscheidung über die Vergabe des dritten Gleichberechtigungspreises nach 2009 und 2011 sei erneut ein spannender Prozess gewesen. Aber es habe erstaunlich rasch eine große Übereinstimmung geherrscht, erklärte Sewering-Wollanek.
Die Gruppe habe sich im Sinne des Schutzes der Menschenrechte verdient gemacht. "Sie zeigt, was Globalisierung im positiven Sinne bedeuten kann."
Auch Oberbürgermeister Egon Vaupel lobte das Engagement der Preisträger: "Sie haben Innovatives geleistet."
Anlass für den Gleichstellungspreis, der vor vier Jahren zum ersten Mal vergeben wurde, sei die Tatsache gewesen, dass Frauen zwar oft hervorragende Leistungen erbrächten, aber vorrangig Männer mit Ehrungen und Preisen ausgezeichnet würden. "Gesetzlich befinden sich Frauen und Männer sozusagen auf Augenhöhe, aber in der Lebenswirklichkeit sieht das anders aus“, beklagte Vaupel.
Diese Ungleichbehandlung sei ein "sozialer Mißstand“. Der Gleichberechtigungspreis schaffe Öffentlichkeit für dieses Thema über den Tag hinaus.
Teil der Preisverleihung war ein Vortrag der Leiterin der Abteilung Grundsatz der größten europäischen Fairhandelsorganisation
GEPA,. Andrea Fütterer kennt die Kooperative COMUCAP bereits seit den 90er Jahren. Sie freue sich darüber, dass diese ganz besondere Arbeit und diese ganz besondere Frauengruppe "ein Gesicht und noch mehr
Öffentlichkeit“ bekommen.
"Geschlechtergerechtigkeit ist ihr Thema von A bis Z“, erklärte Fütterer. Die Frage, ob der Faire Handel die Gleichstellung von Frauen unterstütze, würde sie auf jeden Fall mit "Ja" beantworten.
Das Thema Gleichberechtigung sei in den Grundstandards der internationalen Dachorganisation der Fairhandelsorganisationen WFTO verankert. Das gelte sowohl, was Bildungschancen, die Besetzung von Führungs- und Entscheidungspositionen oder auch eine gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit angeht. Während bei den weltweiten Handelspartnern der GEPA im Bereich Handwerk zum Beispiel sehr viele Frauen in Führungspositionen
oder im mittleren Management zu finden seien, gebe es im Bereich Kaffee allerdings nur zwei weibliche Geschäftsführerinnen.
COMUCAP ist eine Frauenkooperative aus Marcala im Hochland von Honduras, die Frauen im Kampf auf ihr Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und eine eigene Erwerbsarbeit unterstützen will. Unter anderem
geschieht das durch Alphabetisierungskurse, Gesundheitsberatung, den Erwerb von Land und eben auch die ökologische Kaffeeproduktion.
Eine der COMUCAP-Frauen ist Ansprechpartnerin für Frauen im Departemento La Paz, die Opfer von
häuslicher Gewalt geworden sind. Sie organisiert die Kampagnenarbeit des Netzwerks gegen Frauenmorde in Honduras.
Wirtschaftliche Unabhängigkeit sei eine zentrale Bedingung für Geschlechtergerechtigkeit, bekräftigte Doreen Thieke von der Elisabeth-Kaffee-Gruppe. Bereits viermal seit 2007 haben COMUCAP-Frauen Marburg
besucht. Viermal waren Mitglieder der Marburger Gruppe zu Gast in Honduras, um sich jeweils ein Bild von der Lebenswelt der anderen zu machen, sich vor Ort zu informieren und Neues kennenzulernen.
"Was uns motiviert, ist vor allem die sichtbare Verbesserung der Lebenssituation der Frauen und die persönlichen Bindungen, die entstanden sind“, erklärten Thieke und Elena Scholl.
pm: Stadt Marburg
Text 8732 groß anzeigenwww.marburgnews.de