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Keine Kälte


Klaus-Peter Wolf stellte "Ostfriesenmoor" vor

13.09.2013 (jnl)
Voller Überraschungen steckt das Marburger Krimifestival. Die Anzahl und Art des Fan-Andrangs bei der Autorenlesung von Klaus-Peter Wolf am Donnerstag (12. September) im Foyer des Technologie- und Tagungszentrums (TTZ) war erstaunlich.
Obschon der 59-jährige Autor zum ersten Mal in Marburg auftrat und eher zur zweiten oder dritten Reihe der deutschen Schriftsteller-Prominenz zählt, kamen auf Anhieb über 100 Zuhörer. Darunter fielen auch zahreiche auf, die man noch nie bei einer Lesung gesehen hatte.
Gastgeberin Alexandra Klusmann stellte Wolf vor als einen Mann, der schon als Achtjähriger unbedingt Schriftsteller habe werden wollen. Zwei Anekdoten illustrierten, wie er von Anfang an den elterlichen Frisiersalon mit Mut und Einfallsreichtum weit hinter sich gelassen habe.
Der sichtlich gut gelaunte Autor plauderte in freier Rede über die Entwicklung seiner Krimi-Reihe mit Schauplatz in Ostfriesland. Offensichtlich bestens unterhalten und vor sich hin lächelnd, hingen die Fans an seinen Lippen und äußerten gar kein Verlangen nach kritischen Nachfragen.
Stolz betonte der Tatort-Drehbuchautor, dass seine Romane es ohne großen Werbeetat des Verlags oder spektakuläre Talkshow-Auftritte des Autors geschafft hätten, vordere Plätze in der Spiegel-Bestsellerliste für Belletristik zu erobern. Ähnlich wie bei Jacques Berndorf in der Eifel haben seine Bücher mittlerweile auch den regionalen Fremdenverkehr mit eigenen Schauplatz-Touristenströmen angekurbelt.
Selbstverständlich bedienen die Romane jener Reihe, die allesamt "Ostfriesland" mit im Titel tragen, auch die krimi-üblichen Eckpunkte: Morde geschehen und Polizisten ermitteln.
Das gekonnte schriftstellerische Handwerk, spannend zu erzählen und stilistisch ansprechend zu schildern, bewiesen die von Wolf gelesenen Roman-Passagen mühelos. Der in einem Kapitel vorgestellte Serien-Fiesling heißt "Rupert" und ist Polizeikommissar. Diesen Typus Mensch kennt jeder: Antworten statt Fragen, Vorurteile statt Wissen, aber immer hartnäckig und lautstark vorgetragen.
Eine weitere Passage ging über den tragikomischen Heiratsantrag, den die Komissarin und Serienheldin Ann Kathrin Klaasen ihrem bedächtigen Kollegen Weller macht. Das ist einfühlsam eingefädelt; aber man lacht sich doch scheckig dabei.
Der jung wirkende Endfünfziger mit dem kecken Haarzopf liest ausdrucksstark. Sogar die Hörbücher zu seiner Reihe durfte er selber einlesen, da kein prominenter Schauspieler es hätte besser machen können.
Der Clou bei Wolfs Erfolgsserie liegt in der Nähe seiner Gestalten zu den Lesern und Leserinnen. Sie identifizieren sich offensichtlich sehr stark mit Personen im Buch und zeigen sich - ähnlich wie in Fernsehserien - süchtig nach den Fortsetzungen.
Man kann - analog zu "Kuschel-Rock" - geradezu von Kuschel-Krimis reden, da die Sympathie tragenden Figuren gleichsam als erweiterte Familienmitglieder adoptiert zu werden scheinen. Die einfache Sprache und besondere Alltagsnähe der Figuren ermöglicht offenbar besonders vielen Menschen, sich auf diese Romane stärker einzulassen als sonst üblich bei Unterhaltungsliteratur.
Sowohl der Schriftsteller als auch seine nicht-elitären literarischen Figuren zeigen einen ungewöhnlichen Grad an positiver, sympathischer Ausstrahlung. Diese Mischung aus Menschenfreundlichkeit und Massentauglichkeit ist allemal bemerkenswert und verkauft wie von selbst viele Bücher.
Jürgen Neitzel
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