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Anecken und anstoßen


Martina Brandl eröffnete Marburger Kabarettherbst

07.09.2013 (nmf)
Mit ihrem Programm "Jedes zehnte Getränk ist gratis" eröffnete die Komikerin Martina Brandel am Freitag (6. September) im Kulturladen KFZ den Marburger Kabarettherbst. Alkohol stand an diesem Abend im Mittelpunkt.
Viele Menschen sind der Meinung, dass der übermäßige Genuss von Alkohol verboten ist. So zum Beispiel steht es auch in der Hausordnung der Deutschen Bahn AG (DBAG).
Im übertragenen Sinne hieße das also, man könne trinken was und so viel man wolle. Wichtig dabei sei nur, dass man es nicht genieße?
Im Jahr 2010 zog die parodierende Radio-Stimme Angela Merkels und das Mitglied im "Quatsch Comedy Club" von Berlin in die schwäbische Provinz Geislingen. Ihren Programmtitel las Brandl, als sie dort eines Tages an der Bahnhofskneipe vorbeiging. Spontan beschloss sie, dieses Angebot doch einmal auszuprobieren: Red Bull, Sekt, Apfelschorle, vier Hefeweizen!
Der Anfang war gemacht. Doch wer trinkt, muss mit Essen eine Basis schaffen. Um den Ort nicht wechseln zu müssen, gab es Tomatensaft mit viel Pfeffer und Salz.
Der Mix aus den verschiedenen Getränken hatte Sodbrennen zur Folge. Daher entschied Brandl sich noch für ein Glas Milch und Schnaps.
"Brech ich das Experiment ab oder mache ich weiter?", fragte sie die Zuschauer. Während Brandl ihre Geschichte erzählte, bezog sie immer wieder das Publikum mit ein und animierte zum Selbstvergleich.
"Wann habt Ihr zuletzt ein alkoholisches Getränk getrunken?“, fragte sie augenzwinkernd. Bei dieser Frage kamen die Gäste zahlreich ins Schmunzeln. Die kleinen Tische, die das KFZ-Team - mit Kerzen dekoriert - versetzt vor der Bühne angeordnet hatte, waren größtenteils mit Wein- und Biergläsern vollgestellt.
Brandl präzisierte ihre Frage:"Wann habt ihr das letzte mal unterwegs ein alkoholisches Getränk bestellt und bei diesem einen ist es dann auch geblieben?". Bedächtige Stille im Raum folgte. Schwungvoll setzte sich Brandl daraufhin auf einen Hocker und sang zu einer bekannten Melodie mit einem selbst geschriebenen Text "Es ist spät; ich glaub nicht, dass noch was geht."
Wie auch in fast allen anderen Verhaltensweisen könne man Unterschiede im Umgang mit Alkohol bei Frauen und Männern erkennen. Immer werde gesagt, dass es nichts schlimmeres gäbe als eine betrunkene Frau.
Das sei so nicht richtig, stellte die gelernte Wirtschaftskorrespondentin klar. Viel schlimmer seien zwei bis drei Exemplare dieser Spezies. Doch was sie jedes Mal aufs Neue agressiv mache, seien Frauen, die nach dem ersten Glas Sekt äußerten: "Ich glaube, ich bin beschwipst".
Männer hingegen seien nie beschwipst. Und wenn ein Mann betrunken sei, stelle er es nicht zur Diskussion.
Außerdem ist Brandl der Meinung, auf dem Land werde ehrlicher getrunken. Man gehe in eine Kneipe und habe das Ziel klar vor Augen.
Trifft man auf einen Mann, der vollkommen betrunken auf dem Tisch liegt, regt man sich auch nicht auf. Viel eher würde eine Äußerung dazu lauten: "Schau mal, da wo der jetzt ist, da wollen wir heute definitiv auch noch hin."
Brandls Programm mit lebhaften Geschichten, einstudierten zweideutigen Witzen und vielen Liedern war jedoch nicht nur komisch. Es regte auch zum Nachdenken an. Indirekt ist das Thema, das sie behandelt, durchaus eine Gesellschaftskritik, da Alkohol ein sehr akzeptiertes Rauschmittel in der Gesellschaft darstellt.
Brandl geht sogar so weit, zu behaupten, dass die Gesellschaft ohne Alkohol definitiv eine andere wäre. Die Menschen wären distanzierter; und viele Freundschaften würden sich als Trinkbekanntschaften herausstellen. Auch wären dann viele Menschen unglücklicher, weil es ihnen ohne Alkohol schwerer fiehle, die Realität zu ertragen.
Doch zum Glück gebe es den Alkohol, stellte Brandl fest. Besonders als Künstlerin sei sie regelmäßig mit seiner Existenz konfrontiert.
Den Sinn für Realität hat sie aber dadurch nicht verloren. Sie verabschiedete sich nämlich mit den Schlussworten:"Wisst Ihr, was das Schönste ist im Schwabenländle? Man ist so schnell in Österreich."
Naomi Fenner
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