29.08.2013 (nmf)
Archäologische Untersuchungen begleiten den Neubau des Forschungszentrums Deutscher Sprachatlas. Bis Mitte 2015 entsteht auf dem Areal der ehemaligen Marburger Brauerei zwischen der Oberstadt und dem Mühlgraben der Neubau für das Forschungszentrum Deutscher Sprachatlas. Noch im Vorfeld der eigentlichen Bauarbeiten beginnen von Montag (2. September) an die ersten Vorarbeiten und Untersuchungen des Baugrunds.
Dass dieser Auftakt nicht nur für die künftigen Nutzer, sondern auch für Archäologen von Bedeutung ist, liegt an den Besonderheiten des Ortes. Durch die mehrmalige Verlegung des im frühen 13. Jahrhundert aufgestauten Mühlgrabens haben sich sowohl das Gelände als auch der Wasserstand des Flussarms über die Jahrhunderte um 2,50 Meter erhöht. Das ist eine gute Voraussetzung für historisch interessante Funde. Hinzu kommt, dass bei der Bebauung des benachbarten Areals "Biegeneck" zahlreiche - bis ins 11. Jahrhundert zurückreichende - Holz-, Leder- und Metallstücke gefunden wurden. Sie zeugen von einem ehemaligen Handwerkerviertel.
Daher sei es notwendig, sämtliche Bodeneingriffe auf dem Areal archäologisch zu begleiten, betonte Dr. Christa Meiborg von der Abteilung hessenArchäologie des Landesamtes für Denkmalpflege: "Das Gelände am Pilgrimstein birgt möglicherweise archäologische Funde und Siedlungsreste aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit, die neue, interessante Einblicke in die Stadtgeschichte geben könnten".
Seit dem Abbruch der Brauerei wird das Baugrundstück interimsweise als Parkplatz genutzt. Das ist auch weiterhin- wenn auch in einem eingeschränkten Umfang - möglich. Mit Beginn der Grabungen und bis zu ihrem Ende stehen insgesamt 41 Parkplätze zur Verfügung. Die Zufahrt von Süden bleibt weiterhin geöffnet.
Geologisch gesehen wird das Marburger Stadtgebiet durch die tief liegenden Ablagerungen der Lahn geprägt: Die bis zu 6 Meter dicken Auffüllschichten bestehen überwiegend aus Sand und Kiesen.
Zur Stabilisierung des Baugrunds wurden daher zunächst sogenannte "Rüttelstopfsäulen" vorgesehen. Da sie aber die Kulturschichten nicht nur im Bereich der eigentlichen Schottersäulen, sondern auch in den Zwischenräumen stark beschädigt hätten, entschied sich das Planungsteam in enger Abstimmung mit der hessenArchäologie für das schonendere Tiefengründungsverfahren mittels Bohrpfählen.
Dabei werden die Abstände zwischen den Stützen wesentlich größer bemessen. Der Eingriff in die Kulturschichten ist also geringer.
Um mögliche Befunde und Funde zu bergen, werden begleitend zu allen Aushub- und Erdarbeiten archäologische Grabungen durchgeführt. Die Untersuchungen sollen voraussichtlich rund drei Monate dauern und Anfang Dezember abgeschlossen sein. Um Verzögerungen im Bauablauf möglichst gering zu halten, wird der umfangreichste Teil der archäologischen Untersuchungen bereits vor den Gründungsarbeiten durchgeführt. Geplant sind mehrere Sondierungsschnitte.
Ein erster - quer zum Mühlgraben verlaufender - Geländeschnitt wird sämtliche Siedlungsschichten bis auf die Kiese in einer Tiefe von fünf bis sechs Metern und einer Breite von 2,50 bis 3 Metern offenlegen. An der Gebäude-Nordseite wird der Aushub für das Hanggeschoss in einem flächigen Schichtenabtrag maschinell oder auch in Handschachtung durchgeführt. Falls die archäologischen Befunde hier bis in die untersten Bereiche der Baugrube reichen, ist zudem ein weiterer parallel verlaufender - etwa drei Meter breiter - Sondierungsschnitt bis zur Oberkante Kies vorgesehen.
Abhängig vom Ergebnis der Suchschnitte sollen gegebenenfalls weitere - eng begrenzte - Teilbereiche untersucht werden. Zudem werden 2014 baubegleitend die Bohrpfahlgründungen sowie der Abtrag jüngerer Bodenschichten von Archäologen begleitet. Das ausgeworfene Material wird ebenfalls auf Funde hin geprüft.
pm: Philipps-Universität Marburg
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