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Proteinpaar


Erstaunliches über Eisen-Synthese im Körper

07.08.2013 (fjh)
Die beiden Eiweißmoleküle "CIA2A" und "CIA2B" sind aus sehr ähnlichen Aminosäureresten aufgebaut. Beide üben eine Rolle im menschlichen Eisenhaushalt aus; doch die Aufgaben dieser "Zwillinge" unterscheiden sich deutlich. Forscher aus Marburg und dem kalifornischen Los Angeles zeigen in einer am Dienstag (6. August) im Wissenschaftsmagazin "Cell Metabolism“ veröffentlichten Titelgeschichte, dass CIA2A auf die Kontrolle des menschlichen Eisenstoffwechsels spezialisiert ist, während CIA2B eine biosynthetische Rolle bei der Herstellung von vielen zellulären Eisen-Schwefel-Proteinen wahrnimmt.
Eisen ist das häufigste Spurenelement im menschlichen Organismus. Als Bestandteil des roten Blutfarbstoffs "Häm" ist es nicht nur am Transport von Sauerstoff beteiligt, sondern spielt auch eine Rolle bei der zellulären Energiegewinnung und zahlreichen biosynthetischen Prozessen. Darüber hinaus ist Eisen auch ein wichtiger Bestandteil der sogenannten Eisen-Schwefel-Zentren.
Diese Kofaktoren spielten in der Evolution des Lebens vermutlich eine entscheidende Rolle bei der Synthese erster biologischer Moleküle. Noch heute unterstützen Eisen-Schwefel-Zentren als Kofaktoren zahlreicher zellulärer Proteine lebensnotwendige Vorgänge in allen bekannten Organismen.
Dazu gehören die Vervielfältigung der Erbsubstanz DNA, die Herstellung von Eiweißmolekülen an Ribosomen oder die Zellatmung. Daher überrascht es nicht, dass ein Eisenmangel im Organismus durch mangelnde Zufuhr des Metalls oder durch fehlerhafte Verteilung zu schwerwiegenden Stoffwechselstörungen oder gar Erkrankungen führen kann. Sie reichen von Müdigkeit und Blutarmut (Anämie) über Hämochromatosen bis hin zur Lichtempfindlichkeit (Xeroderma pigmentosum) und Krebserkrankungen (Fanconi Anämie).
Organismen haben daher komplexe Mechanismen entwickelt, um einen ausgewogenen Eisenhaushalt sicherzustellen. Beim Menschen geschieht das unter anderem durch ein wichtiges Eisen-Schwefel-Protein namens "IRP1".
In ihrer aktuellen Arbeit untersuchte die internationale Forschergruppe unter Führung des Marburger Zellbiologen Prof. Dr. Roland Lill zunächst, wie es menschlichen Zellen gelingt, die strukturell sehr unterschiedlichen zellulären Eisen-Schwefel-Proteine mit ihrem Kofaktor auszustatten. Dabei entdeckte Erstautor Oliver Stehling zunächst zwei neue Partnerproteine des ein Jahr zuvor im Wissenschaftsjournal "Science" vom gleichen Team beschriebenen Proteins MMS19. Die neuen Proteine CIA2B und CIA1 bilden mit MMS19 einen Komplex und sind an der cytosolischen Eisen-Schwefelprotein Herstellung beteiligt.
Herausgestellt hat sich, dass die einzelnen Komponenten dieses Komplexes auf die Herstellung unterschiedlicher Eisen-Schwefel-Proteine spezialisiert sind, und sich dieser Stoffwechselweg in mehrere Äste aufgabelt. Anschaulich macht das das Titelbild von "Cell Metabolism": die verschiedenen Äste des Biosynthesebaums tragen verschiedene Eisen-Schwefelproteine als Blumen.
Völlig unerwartet war die Funktion des mit CIA2B verwandten Zwillingsproteins CIA2A. Diese Komponente ist ausschließlich für das Einfügen des Eisen-Schwefel Kofaktors in IRP1 verantwortlich und spielt damit eine direkte Rolle bei der Regulation des Eisenhaushalts. Als weitere Überraschung fanden die Autoren heraus, dass CIA2A auch an das zweite Eisen-regulatorische Protein "IRP2" bindet, obwohl IRP2 über kein Eisen-Schwefel-Zentrum verfügt.
"Die Befunde der Studie legen damit nahe, dass der CIA2A-Ast in doppelter Weise für die Regulation des menschlichen Eisenhaushaltes zuständig ist“, erklärte Stehling. "Die Arbeit wirft ein ganz neues Licht auf die Kontrolle des menschlichen Eisenstoffwechsels und fördert das Verständnis von Proteinen, die an grundlegenden Lebensprozessen wie der DNA-Synthese und DNA-Reparatur beteiligt sind“, fügte Lill hinzu. Wie die Herstellung von Eisen-Schwefel-Zentren mit dem Eisenstoffwechsel genau abgestimmt wird, wollen die Forscher nun in Folgestudien untersuchen.
pm: Philipps-Universität Marburg
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