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Einfach genehmigt


Kritik an Einlenken Vaupels beim Marktfrühschoppen

12.06.2013 (fjh)
Entsetzt reagiert hat der Antifaschistische Ratschlag Marburg am Mittwoch (12. Juni) auf Äußerungen des Oberbürgermeisters zum Marktfrühschoppen. Demzufolge sieht Oberbürgermeister Egon Vaupel keinen Weg, das Stattfinden des Marktfrühschoppens zu verhindern.
Das vom Marktfrühschoppenverein vorgelegte Sicherheitskonzept entspreche - den Ordnungsbehörden und der Polizei zufolge - den Anforderungen, sagte Vaupel. Auch aus straßenrechtlicher und ordnungsrechtlicher Sicht spreche nichts dagegen, eine Sondergenehmigung auszusprechen, sodass der Marktfrühschoppen am Sonntag (7. Juli) auf dem Marktplatz stattfinden könne.
"Offenbar sind weder der Marktfrühschoppenverein noch die bürgerlich-konservativen Verbindungen in der Lage, zu begreifen, dass der Marktfrühschoppen seit Jahren verdorben ist und von seiner Funktion, Rechtsextremisten eine Plattform zur verharmlosenden Selbstdarstellung zu bieten, nicht mehr gereinigt werden kann", erklärte Eva Gottschaldt vom Antifaschistischen Ratschlag Marburg. "Ungeachtet der historischen Funktion der Studentenverbindungen als Steigbügelhalter des Nationalsozialismus – die lediglich aus Konkurrenzgründen ab 1935 gleichgeschaltet wurden – und ungeachtet der Tatsache, dass Studentenverbindungen schon lange nichts mehr mit der Studierendenschaft von heute zu tun haben, beharren der Marktfrühschoppenverein und die Alten Herren der Verbindungen darauf, dieses anachronistische Fest zu veranstalten."
Sie verwies darauf, dass die Stadtverordnetenversammlung (StVV) mit Mehrheit eine klare Abgrenzung gegen die Deutsche Burschenschaft (DB) beschlossen hat. Das Fest sei ein Affront vor allem gegen Studierende, die aus dem Ausland nach Marburg gekommen sind, sowie gegen Frauen, die den Sexismus der Verbindungen nicht hinnehmen wollten.
Die Genehmigung des Marktfrühschoppens hat auch der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) scharf kritisiert. "Durch das Aushebeln der Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung agiert Vaupel nicht nur undemokratisch, sondern leistet zudem vorauseilenden Gehorsam“, erklärte AStA-Vorstand Zuhal Demir. Er argumentiere mit juristischen Sachzwängen, die ohne ein vorheriges Gerichtsurteil so nicht bestünden.
Unabhängig von einem eventuell eintretenden Lippenbekenntnis der Veranstaltenden, sich von der Deutschen Burschenschaft zu distanzieren, bleibe das Fest kritikwürdig. Sexismus, Rassismus und elitäre Strukturen seien kein Alleinstellungsmerkmal der in der DB organisierten Burschenschaften, sondern wprägten auch andere Verbindungen.
Aufnahmerecht gebe es in fast allen Verbindungen nur für Männer. Rassistische Ausschlusskriterien, geschichtsvergessene Brauchtumspflege, Sozialchauvinismus und Elitenklientelismus seien keine Einzelfälle sondern die Regel der Korporierten.
"Der Marktfrühschoppen gehört auf den Müllhaufen der Geschichte und nicht ins Zentrum der Stadt“, forderte die , AStA-Referentin Wanda Erdmann. Vaupel dürfe sich nicht hinter juristischen Fragestellungen verstecken. "Er muss ein klares und vor allem politisches Statement abgeben, dass der Marktfrühschoppen nicht erwünscht ist.“
Diese Haltung würde sich auch mit dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung und dem Engagement der zahlreichen Initiativen und Verbände decken, die sich in Marburg gegen rechte und sexistische Umtriebe einsetzen. Dass der Antrag des Antifaschistischen Ratschlags auf Genehmigung eines internationalen Fests unter dem Titel "Marburger Bürgerinnen feiern mit den Studierenden aus aller Welt“ am Sonntag (7. Juli) auf dem Marktplatz nicht einmal beantwortet wurde, passe ins Bild.
"Dass Polizei und Ordnungsamt keine Bedenken gegen das Sicherheitskonzept des Marktfrühschoppenvereins haben, mag formalrechtlich durchgehen", meinte Gottschaldt. "Tatsächlich jedoch zeigt sich hier die Weigerung der Verantwortlichen, sich inhaltlich mit denen auseinanderzusetzen, die da feiern wollen, was unweigerlich auf politische Begünstigung der vor allem von den Burschenschaften Germania, Rheinfranken und Normannia Leipzig vertretenen rechtsextremen Ideologie hinausläuft."
Politisch fielen Polizei und Ordnungsamt damit dem Stadtparlament und dem Oberbürgermeister in den Rücken. Sie provozierten und verantworteten Konflikte, "weil keinesfalls hingenommen werden kann, dass Rechtsextremisten ein Fest auf dem Marktplatz als Schauplatz und Tarnung ihrer politischen Aktivitäten benutzen".
Franz-Josef Hanke/pm
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