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Entsetzliches Wochenende


Unfreiwillig Teilzeit, Billiglohn und Multijobs

10.06.2013 (als)
Etwa 22 Millionen Euro haben die Kommunen im Landkreis Marburg-Biedenkopf im Jahr 2012 aufgewendet, um Geringverdienern das Existenzminimum zu sichern. Diese Zahl hat der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Montag (10. Juni) veröffentlicht.
Der Niedriglohn-Sektor hat sich in den letzten Jahren massiv ausgeweitet. Immer mehr Menschen müssen in unfreiwilliger Teilzeit oder zu Niedriglöhnen arbeiten und mit Hartz IV aufstocken.
Betroffen davon waren im Landkreis Marburg-Biedenkopf 2.496 Personen. Sie arbeiteten überwiegend in Minijobs oder unfreiwilliger Teilzeit und mussten mit Hartz IV aufstocken, um finanziell über die Runden zu kommen. Die Aufstockung für Bedarfsgemeinschaften, in denen mindestens eine Person erwerbstätig war, betrug durchschnittlich 760 Euro im Monat.
Für den DGB-Kreisvorsitzenden Pit Metz ist dieser Zustand unerträglich: „Hier findet eine unerhörte und nicht länger hinnehmbare Subventionierung von Arbeitgebern statt. Die 22 Millionen Euro, die die Kommunen im Landkreis aufwenden mussten, konnten sich die regionalen Arbeitgeber in die eigene Tasche stecken."
Für Metz steht die Arbeitswelt auf dem Kopf, wenn Arbeitgeber Niedriglöhne zahlen, von denen man die eigene Existenz nicht bestreiten kann, von der finanziellen Absicherung einer Familie einmal ganz abgesehen. Gleichzeitig aber müssten die Menschen zusätzlich aufs Amt gehen und um jeden Euro feilschen.
"Auch diese Arbeitsverhältnisse haben in den letzten Jahren zu einer Umverteilung aus den Taschen der Beschäftigten in die Taschen der Arbeitgeber geführt“, beklagte Metz. Dabei nähmen längst nicht alle Geringverdiener ihren Anspruch auf Fürsorgeleistungen wahr.
"Nur etwa jeder zweite anspruchsberechtigte Vollzeitbeschäftigte stockt den geringen Verdienst mit Hartz IV auf“, ergänzte Metz. Der DGB beruft sich dabei auf frühere wissenschaftliche Untersuchungen von Sozialforschern.
Wesentliche Gründe für den Verzicht seien fehlendes Wissen, vor allem aber "Scham und Scheu“ vor dem Antragsverfahren. Viele wollten sich nicht finanziell
vor den Behörden "ausziehen“.
Diese Entwicklung spiegele sich in der Vervielfachung der Multijobber wider. So sei die Zahl derer, die zwei oder drei Jobs haben, bundesweit um 124 Prozent gestiegen.
"Viele nehmen lieber eine 55- bis 60-Stunden-Woche mit zwei oder drei Jobs in Kauf, als aufs Amt zu gehen und Hartz IV zu beantragen“, erklärte Metz.
Dr. Ulf Immelt vom DGB Mittelhessen verwies in diesem Zusammenhang auf die massiven Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt. So habe die sozialversicherte Teilzeitarbeit in den letzten 20 Jahren kontinuierlich zugenommen. Sie stieg von 1993 bis 2011 bundesweit um 2,5 Millionen auf etwa 5,7 Millionen an.
Gleichzeitig habe die Zahl der Vollzeitjobs im selben Zeitraum um 2 Millionen abgenommen. "Der Arbeitsmarkt ist in Unordnung geraten", beklagte Immelt.
Das sei die Folge politischer Entscheidungen gewesen. "Der Arbeitsmarkt kann also durch politische Entscheidungen auch wieder in Ordnung gebracht werden“, folgerte Immelt. Das sei das zentrale Anliegen der Gewerkschaften an eine andere Politik: "Wir brauchen einen Wechsel in der Arbeitsmarktpolitik.“
pm:DGB Marburg
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