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Rasante Sinnsuche


Einige Nachrichten an das All

21.04.2013 (fjh)
Ein Mann kehrt einen Haufen Laub zusammen. Mitten darin liegt ein anderer.
Wortlos beginnt das Theaterstück "Einige Nachrichten an das All" von Wolfram Lotz. Die Inszenierung von Jonas Knecht feierte am Samstag (20. April) Premiere im Theater am Schwanhof (TaSch).
Zwischen Witz und Tiefsinn, Verwirrung und Vorführung von Illusionen schwankt das Stück des 1981 geborenen Schriftstellers. 2011 wurde Lotz dafür als bester Nachwuchs-Autor ausgezeichnet.
Lum und Purl Schweitzke fragen sich, warum sie eigentlich hier sind. Schließlich kommen sie zu dem Schluss, dass das Theaterstück das so vorsieht.
Allerdings fragen die beiden Protagonisten sich nach dem Sinn des Ganzen. Irgendwo finden sie ein Papier, auf dem ihre Rollen nebst Regieanweisungen aufgeschrieben sind. So folgen sie diesen Anweisungen, bis ihnen allmählich eine eigene Idee kommt.
Die beiden Männer wollen ein Kind. Ein Kind würde ihrem Leben Sinn geben.
Doch dann betritt ein dritter Mitspieler die Bühne. Er ist der "Leiter des Fortgangs" (LdF). In hastigem Tempo moderiert er nun eine rasante Show, um "nur keine Leere aufkommen zu lassen".
Lum und Purl beschimpft er als "Krüppel". Ihren Kinderwunsch erklärt er zur Makulatur. Außerdem verkündet er gnadenlos: "Ihr kommt hier nicht vor!"
Nach und nach bittet er historische und zeitgeschichtliche Größen auf die Bühne. Sie sollen erläutern, was ihnen wichtig ist. Dann sollen sie diese Erkenntnis in einem einzigen Wort ins All hinaus schreien.
Witzig und schwungvoll geht das Ganze zu. Der Text ist gespickt mit kritischen Anspielungen auf das Alltagsleben, die Politik, die Kultur und die Medien.
Zwischendurch wird er aber auch tiefschürfend philosophisch, wenn die Handlung ins Nichts zu entgleiten droht. Immer wieder verlassen die Schauspieler auch ihre Rollen, um sich entweder über die Vorgaben zu beschweren oder nach ihrem Sinn zu fragen.
Durch die Verunsicherung des Publikums entfaltete die Aufführung große Wirkung. Zwischendurch kamen immer wieder Lautsprecherdurchsagen aus dem "Off", die mal erklärend wirkten und dann wieder völlig zusammenhanglos.
Charles Toulouse und Tobias M. Walter als Lum und Purl Schweitzke beeindruckten durch ihre Wandlungsfähigkeit und Überzeugungskraft. Auch Stefan A. Piskorz in gleich mehreren Rollen und Timo Hastenpflug als "Kleist" spielten ihre Parts mit großer Überzeugungskraft. Lediglich Marina Schmitz als Hilda wirkte ein wenig blass.
Mehrmals gab es zwischendurch Szenenapplaus für Ogün Derendeli als "Leiter des Fortgangs" und die rasante Bühnenshow. Tote wurden lebendig und Lebende einfach aus der Szene hinausgestrichen.
Die Sinnsuche zog sich dabei durch das gesamte stück, ohne je schwerfällig zu wirken. Am Schluss blieben die Zuschauer mit ihrer ganz persönlichen Frage nach dem Sinn zurück. Dabei beinhaltete diese Unsicherheit sowohl den Sinn des Stücks als auch den Sinn des Lebens.
Die Antwort überließ Lotz jedem Einzelnen. Einige Andeutungen mochten aber helfen, eine eigene Richtung zu finden.
"Einige Nachrichten an das All" war zweifellos eine gelungene Premiere eines durchaus sehenswerten Stücks. Besonders den hervorragenden Schauspielern zollte das Publikum am Ende langanhaltenden Applaus.
Franz-Josef Hanke
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