03.04.2013 (fjh)
Den größten Anteil am Gewerbesteueraufkommen der
Stadt Marburg hat die Pharmabranche. Das geht aus einer Auswertung des Hessischen Statistischen Landesamts hervor, die die Marburger Linke (ML) in Auftrag gegeben hatte. Vorausgegangen war die Weigerung des Magistrats, eine entsprechende Anfrage der ML-Fraktion zu beantworten.
Im Jahr 2007 als dem letzten, für das die Steuerzahlen ausgewertet wurden, wurde die Gewerbesteuerpflicht der sechs Pharma-Betriebe in Marburg auf 60,2 Millionen Euro beziffert. Das sind 69,6 Prozent der Summe von 86,4 Millionen Euro, die alle 2.082 Marburger Gewerbebetriebe für 2007 zu zahlen hatten.
Den zweitgrößten Anteil mit 15,2 Prozent haben Unternehmen aus den Bereichen Immobilien und wirtschaftliche Dienstleistungen. Darunter fällt offenbar auch die
Deutsche Vermögensberatung AG (DVAG) der Pohl-Familie, die ihre Gewerbesteuerzahlungen für 2007 selbst auf 10,8 Millionen Euro beziffert hat. In den Jahren zuvor wurde sie in der Rubrik Kredit- und Versicherungsgewerbe geführt, die 2007 nur noch 3,8 Prozent des Aufkommens ausmachte gegenüber 39,9 Prozent im Jahr 2004.
Der Handel kommt auf einen Anteil von 5,8 Prozent. Ohne Groß- und Autohandel sind es nur 2,4 Prozent.
Die Zahlen des Statistischen Landesamts machen auch sehr starke Schwankungen in der Struktur und der Höhe der Gewerbesteuerzahlen deutlich. 2007 war ein Spitzenjahr. 2001 und 2004 betrug die Gewerbesteuerpflicht der Marburger Unternehmen nur 31 beziehungsweise 27 Millionen Euro.
2001 lag der Anteil der Pharmaindustrie bei 43 Prozent, 2004 nur bei 11 Prozent. Gründe dafür sind Schwankungen bei den Gewinnen der Unternehmen. 2007 erzielten Novartis und CSL Gewinne in der Größenordnung von jeweils 200 Millionen Euro, während 2004 teilweise Verluste gemacht wurden.
Dass die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Marburg sich nach 2007 auf einem Niveau von 70 bis 80 Millionen Euro eingependelt haben, dürfte weiterhin mit den hohen Gewinnen in der Pharma-Branche und vor allem der CSL Behring GmbH zu tun haben, die seit 2009 jährlich über 300 Millionen Euro einfährt. Die Bedeutung der DVAG Holding hat hingegen abgenommen.
Nach eigenen Angaben sanken die Gewerbesteuerzahlungen seit 2007 auf 4,5 Millionen Euro. Das sind nur noch gut 5 Prozent der gesamten Gewerbesteuereinnahmen.
Die Linken sind gespannt auf die Zahlen des Jahres 2010. Die Statistik wurde bisher nur für jedes dritte Jahr erstellt. Weitere zwei Jahre vergehen, bis die endgültigen Zahlen für das jeweilige Jahr feststehen.
Die Marburger Linke hatte sich an das Statistische Landesamt gewandt, weil der Magistrat der Stadt Marburg sich geweigert hatte, Fragen der Marburger Linken über die Gewerbesteuerzahlungen nach Wirtschaftsbranchen zu beantworten. Angeblich verfüge man nicht über die entsprechende Software; deshalb würde ein Zeit- und damit Kostenaufwand entstehen, der vom zuständigen Personal nicht zu leisten wäre.
Das hatte auch niemand verlangt. Eine Nachfrage beim Statistischen Landesamt hätte völlig gereicht.
Außerdem berief sich der Magistrat auf das Steuergeheimnis. Durch die Herausgabe der gewünschten Zahlen könnten Rückschlüsse auf ein einzelnes Unternehmen gezogen werden.
Dass das ein vorgeschobenes Argument ist, zeigen die Zahlen des Statistischen Landesamts. Selbst in der kleinsten Kategorie - der "Herstellung von pharmazeutischen Erzeugnissen" wurden 2007 Zahlen für sechs Unternehmen angegeben. Darunter befinden sich die drei großen Firmen CSL Behring, Novartis Vaccines and Diagnostics
und Siemens Healthcare Diagnostics. Wie man hier herausrechnen kann, wie groß der Anteil der einzelnen Unternehmen an der gesamten Steuerschuld von 60 Millionen Euro ist, wird auch der Magistrat nicht erklären können.
Der Hinweis darauf, dass auch andere Städte solche Statistiken veröffentlichen, konnte den Magistrat nicht dazu bewegen, seiner gesetzlichen Antwortpflicht gegenüber dem Parlament nachzukommen. Dass das Statistische Landesamt, das ebenso wie die Stadt an das Steuergeheimnis gebunden ist, die Daten geliefert hat, zeigt nach Auffassung der Linken , dass es sich hier um hausgemachte Geheimniskrämerei handelt.
Auch eine Kleine Anfrage der Fraktion, darüber zu berichten, wie oft es in den letzten Jahren aufgrund von Betriebsprüfungen Gewerbesteuernachzahlungen in Millionenhöhe gegeben hat, mochte der Magistrat nicht beantworten. Die Marburger Linke wird dem Magistrat die Auswertung des Statistischen Landesamts schenken, damit er wenigstens für den internen Gebrauch über die Struktur der Marburger Gewerbesteuereinnahmen informiert ist. Damit verbindet sie die Hoffnung, dass er bei der nächsten Anfrage der Fraktion der Marburger Linken selbst für
die Kosten aufkommt, die das Statistische Landesamt in Rechnung stellt.
pm: Marburger Linke in der StVV
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