16.06.2008 (nur)
Haruki Murakami schreibt. Haruki Murakami läuft. Das Ergebnis ist sein neuestes Buch "Wovon ich rede, wenn ich vom Laufen rede".
Darin beschreibt der japanische Autor seine vergangenen 26 Jahre als Profi-Läufer: Marathon, Triathlon, Ultra-Marathon. Für Murakami ist das Laufen wortloses Glück.
Wohlgemerkt "wortlos"! Ohne Worte zu laufen, bedeutet, Luft zu sparen. Diese Luft braucht man bei 42,195 Kilometern nämlich zum Atmen.
Dennoch scheint es sich noch nicht überall herumgesprochen zu haben, dass der leidenschaftliche Läufer lieber schweigt und genießt. Vielmehr kommt es immer wieder zu Verbal-Attacken auf der Strecke.
Eine Gattung von Mensch erweist sich dabei als besonders hartnäckig: Der Frager.
"Wo geht es zum Alten Brauhaus?", ist eine seiner Standard-Fragen, mit denen er versucht, den keuchenden Läufer in ein Gespräch zu verwickeln. Hat der Läufer mit Rücksicht auf den Frager dann erst einmal sein Tempo gedrosselt, will der ordinäre Spaziergänger auch noch das Tagesgericht vom Brauhaus wissen.
Bin ich ein laufendes Lexikon? Sehe ich etwa so aus wie eine, die sich täglich von XXL Schnitzeln ernährt?
Läufer dieser Welt vereinigt euch im Kampf gegen den fragenden Feind! Denn er weiß nicht, was er tut.
Der Frager ist es, der jeden Bus durch den Straßenverkehr schleichen lässt, obwohl der Fahrer ausdrücklich seine Ruhe haben will: "Bitte während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen."
Der Frager ist es, der den Läufer zum Anhalten zwingt, um dann nüchtern festzustellen: "Sie sind ja völlig außer Atem."
Der Frager ist es, der den laufenden Teil der Bevölkerung eine Todsünde begehen lässt. Schließlich gehen, walken oder joggen wir Läufer nicht durch die Himmelspforte.
Vielmehr wünscht sich ein Läufer-Herz wie das von Murakami am Ende des Lebens nur eins: Die Grab-Inschrift "Wenigstens ist er nie gegangen".
Nora Reim
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