14.12.2012 (fjh)
Die neu entfachte Diskussion über Organspende und Hirntod zeigt: Je größer die Verfügungsmacht über Körper und Leben ist, desto dringlicher wird es, eine angemessene Bestimmung des Todes zu gewinnen. Marburger Philosophen haben ein Buch zum Thema vorgelegt, das die Kontroverse um das Hirntod-Kriterium aufgreift und philosophisch diskutiert.
Ist ein Mensch tot, wenn sein Gehirn keine Aktivität mehr zeigt? Was unterscheidet den Tod des Menschen von dem anderer Lebewesen?
"Eine positive Bestimmung des Begriffs des Todes kann nur unter Bezug auf einen gehaltvollen Begriff des Lebens gewonnen werden“, erklärte das Herausgeberteam um die Philosophin Prof. Dr. Andrea M. Esser. Der Band ist aus einer Tagung hervorgegangen, die 2011 an der
Philipps-Universität stattfand.
"Das Leben des Menschen ist schon allein deshalb Gegenstand vielfältiger begrifflicher Untersuchungen, weil es sowohl von den Formen der Lebendigkeit geprägt ist als auch von den Formen, die das personale Leben bestimmen.“ Mit diesen Worten umreißen die Herausgeber den Ausgangspunkt der versammelten Aufsätze.
Der Ausdruck "Lebendigkeit“ bezeichnet dabei ein Merkmal aller Lebewesen, während "Leben“ im Kontext des Alltags "unsere individuelle Lebensgeschichte, unsere persönlichen Erlebnisse, unsere Erfahrungen,
Beziehungen und Tätigkeiten“ charakterisiert. Darunter verstehen die Autoren "einen spezifischen Sinn, den unser individuelles Dasein über längere Zeiträume zu erkennen gibt“.
Unter der Überschrift "Menschen sterben als Personen“ widmet sich Mitherausgeberin Esser im abschließenden Aufsatz des Bands denn auch dem „Begriff des "personalen Todes". So lautet der Untertitel.
Mit der Rede vom "personalen Tod" sind freilich wiederum etliche philosophische Fragen verbunden: Sind alle Menschen als Personen anzusehen oder gibt es bestimmte Kompetenzen, über die man verfügen muss, damit man den Status der Person erlangt oder zugesprochen bekommt?
Zehn Autorinnen und Autoren beleuchten in ihren Beiträgen Todesdefinitionen und deren philosophische Grundlagen, stellen anthropologische Überlegungen zum Tod der Person an und untersuchen den Tod als soziale Praxis. Neben Esser und Prof. Theda Rehbock sowie Daniel Kersting und Christoph Schäfer aus Marburg steuerten führende Fachleute aus der ganzem Bundesrepublik, den Niederlanden und der Schweiz weitere Artikel bei.
Die Veröffentlichung schließt die erste Phase eines Forschungsprojekts ab, das seit dem Jahr 2008 unter dem Titel "Tod und toter Körper“ den veränderten Umgang mit dem Tod in der gegenwärtigen Gesellschaft thematisierte. Seit Anfang 2012 läuft das Anschlussprojekt unter dem Titel "Transmortalität“ wiederum unter Beteiligung der Philipps-Universität.
pm: Philipps-Universität Marburg
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