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Licht zu Nikolaus


Vielteiliges Mosaik von Genen

06.12.2012 (fjh)
Ein internationales Konsortium unter Marburger Beteiligung hat die Genome von Algen analysiert, deren Zellen die Überbleibsel fremder Arten enthalten, die den Wirtsorganismen die Energiegewinnung durch Photosynthese ermöglichen. Die Wirte haben das Erbgut der Dauergäste nicht vollständig in ihre Zellkerne transferiert, weil die Erbinformation dabei hätte verlorengehen können, vermuten die Wissenschaftler. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Nature", die am Donnerstag (6. Dezember) erschienen ist.
"Wir haben erstmals die Kerngenome zweier einzelliger Algen sequenziert, die eine bemerkenswerte genetische und zelluläre Komplexität aufweisen“, schreiben die Autoren. Zu ihnen gehören Prof. Dr. Stefan Rensing, Prof. Dr. Uwe Maier, Dr. Franziska Hempel, Aikaterini Symeonidi und Dr. Stefan Zauner von der Philipps-Universität.
Zellen enthalten eine Reihe sogenannter "Organellen". Das sind zelluläre Reaktionsräume, die lebenswichtige Aufgaben wie Energieumwandlung oder Photosynthese erfüllen. Diese Organellen sind aus ehemals eigenständigen Zellen entstanden, die von den Vorfahren der Wirtsorganismen in grauer Vorzeit integriert wurden.
Meist handelt es sich dabei um umgewandelte Bakterien. Anders ist es bei manchen Algen. Sie lernten Photosynthese, indem sie andere Pflanzenzellen mitsamt deren bereits bestehenden Organellen übernahmen.
Diese Zellen nennen die Wissenschaftler "Chloroplasten". Bei dem Vorgang gsprechen sie von "sekundärer Endosymbiose".
Indem die Wirte ihre neuen Mitarbeiter weiterbeschäftigen, können sie Sonnenlicht nutzen, um Nährstoffe aufzubauen. Was nicht diesem Zweck dient, geht normalerweise im Laufe der Evolution verloren.
In ein paar wenigen Ausnahmefällen enthalten die symbiotischen Organellen jedoch noch stark verkleinerte Zellkerne, die vom Ursprungsorganismus stammen. Das fand man bei "Cryptophyten" und "Chlorarachniophyten".
Warum bleibt der Zellkern hier erhalten? Um das herauszufinden, ermittelte der internationale Forschungsverbund erstmals, welche Sequenzen die vier Kerngenome zweier einschlägiger Arten aufweisen.
Das Ergebnis überraschte: Die beiden Restkerne enthalten nur einen Bruchteil der Gene, die frei lebende Verwandte aufweisen.
Wie die Autoren berichten, weisen viele der verbliebenen Erbanlagen keinerlei Ähnlichkeit zu bekannten Genen auf. Dennoch steuern sie lebenswichtige Prozesse, die in diesen Organellen ablaufen.
Zum Beispiel ist das die Translation. Darunter verstehen die Forscher die Umsetzung der Erbinformation in Proteine.
Eine größere Anzahl von Genen wanderte offenbar aus den sekundär erworbenen Organellen in den Zellkern des Wirts ein. Das Resultat nennen die Wissenschaftler ein "vielteiliges Mosaik von Genen, deren Herkunft nicht unbedingt etwas darüber aussagt, in welchem Teil der Zelle die Genprodukte ihre Funktion ausüben".
Maier ist Mitglied im "LOEWE-Zentrum für synthetische Mikrobiologie“ der Philipps-Universität. Maier und sein Marburger Team trugen unter anderem dazu bei, Sequenzdaten bereitzustellen. Sie identifizierten außerdem kodierte Proteine und ermittelten, wo diese Organismen sich befinden.
Rensings Arbeitsgruppe am "BIOSS Centre for Biological Signalling Studies" - dem Exzellenzcluster der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg - half bei der Identifikation der Proteine, die in die Organellen importiert werden. Zudem analysierte sie Kontaminationen und Duplikationsereignisse sowie alle Proteine, die an der Regulation der Transkription beteiligt sind.
pm: Philipps-Universität Marburg
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