13.11.2012 (jnl)
Zwei "Antifolk"-Songpoetinnen aus New York City und Berlin gaben am Montag (12. November) in der Baari Bar des
G-Werks ein schnuckeliges Club-Konzert. Beide hätten - obwohl als Musikerinnen mit US-Hintergrund miteinander locker befreundet - kaum unterschiedlicher sein können.
Josepha Conrad, die mit dem Schlagzeuger und Background-Vokalisten Noel das Duo "Susie Asado" bildet, sang mit ausdrucksstarker Stimme auf Englisch von Wolkenratzern mit Eigenleben und von Einwanderungsbeamten. Während ihre Texte etwas collagenhaft und dunkel blieben, machte der übereinandergelegte Harmoniegesang der beiden musikalisch durchaus Spaß.
Sich selbst begleitete sie bevorzugt mit einer Ukulele oder einer kleinen E-Gitarre. Dabei machte sie überwiegend Fingerpicking mit Sequenz aus jeweils zwei Anschlägen und einer Pause.
Ihr Gesang beanspruchte den Großteil der Aufmerksamkeit. Der Projekt-Name "Susie Asado" geht auf ein Gedicht von Gertrude Stein zurück, wie Conrad nach dem Konzert erläuterte.
Die 39-jährige Musikerin lebt seit zwölf Jahren wieder in Deutschland. Als Kind wuchs sie in Frankfurt auf, bevor sie als Zwölfjährige mit ihren Eltern in die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) auswanderte und 15 Jahre dort lebte. Dabei absolvierte sie ein Studium.
Dann kehrte sie zurück. In Berlin hat die Musikerin bislang zwei Alben veröffentlicht.
Ihr Lebensgefühl spiegelt sich in Textzeilen, die davon handeln, dass sie nach Hause will, um sich dort frei zu tanzen. Irgendwie kann man sich ihre grazile Erscheinung eher auf einer Kunst-Performance vorstellen als auf einem Musikfestival.
Phoebe Kreutz aus dem East Village kommt aus der New Yorker Antifolk-Bewegung. Auf ihrer - nach eigenen Angaben siebten - Tournee durch Deutschland kam sie nun zum ersten Mal nach Marburg.
Vor knapp 40 begeistert mitgehenden Zuhörern entfaltete sie in ihren Liedern die - selbstironisch unterlegte - Welt der Missgeschicke einer jungen Stadtbewohnerin. Jeder Song nimmt sich ein Erlebnis oder Objekt vor, um es humorig von allen Seiten kritisch zu betrachten.
Frankenstein und die Beatles werden zum Gegenstand ihres liebevollen Spotts ebenso wie Höhlenmalerei und ihr eigener Hintern. Die Lektüre von Anna Karenina, das Leben von Thomas Jefferson und ihre eigenen Verliebt- und Albernheiten werden auf unterhaltsamste Weise auf ihre inneren Widersprüche hin durchleuchtet.
Jeder ihrer Songs ist ein kleines Juwel der Leichtigkeit und Leuchtkraft uneitler, optimistischer Selbstbehauptung. Kreutz ist das Beste, was die US-Folkmusik seit Tom Lehrer und Anni DiFranco hervorbringen konnte.
Musikalisch wurde das Geschichtenerzählen in Liedern mit sehr eingängigen Melodien auf einer elektroakustischen Fender-Gitarre intoniert. Bei einigen Stücken begleitete sie ihr Freund Matt Colbourn auf der Trompete oder im Wechselgesang.
Während die Songpoetin anfangs sehr still und zurückhaltend wirkte, wurde sie im Laufe des Konzerts immer energievoller und großartiger. Sie sollte vielleicht einmal eine DVD mit einem Live-Auftritt produzieren, denn live kommt sie dreimal so gut rüber wie von der Tonkonserve.
Die drei Alben, die Phoebe Kreutz dabei hatte, fanden nach dem Konzert reißenden Absatz. Wenn sie wiedermal nach Marburg kommen sollte, sei es im Marburger Folkclub, im G-Werk oder in der Acoustic Lounge von Stefan Kissel, werden die Besucher dieses Konzerts sich das gewiss nicht entgehen lassen.
Jürgen Neitzel
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