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Teure Jugend


Bildungswesen zwischen Demokratie und Ökonomie

11.10.2012 (fjh)
"Vom Wiegen wird die Sau nicht fett." Mit dieser Bemmerkung veranschaulichte Renate Görg die Unsinnigkeit ständiger Evaluierungen schulischer Leistungen.
Mit einer Veranstaltungsreihe unter dem Titel "Ökonomisierung oder Demokratisierung? Was wird aus unserem Bildungswesen?" möchte die Marburger Lehrerin gemeinsam mit ihren Kollegen von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), dem Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA), dem Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi), der Buchhandlung "Roter Stern" und dem Verein Kulturelle Aktion Marburg "Strömungen" die fortschreitende Kommerzialisierung des Bildungssystems zur Diskussion stellen. Vertreter des Veranstalterkreises erläuterten am Donnerstag (11. Oktober) im GEW-Büro Am Schwanhof das Konzept ihrer Vortragsreihe sowie die dahinterstehenden Erwägungen.
Beginnen soll die Reihe am Donnerstag (1. November) mit einer Podiumsdiskussion.
Der GEW-Landesvorsitzende Jochen Nagel, Ralf Hartung vom Hessischen Kultusministerium, die Elternvertreterin Birgit Eggers und der Landesschulsprecher Laurien Simon Wüst wollen dabei ihre jeweiligen Blickwinkel auf die Entwicklung des Bildungssystems einbringen.
In vierzehntägigem Rhythmus folgen danach immer donnerstags fünf weitere Vorträge. Den krönenden Abschluss bildet am Donnerstag (
7. Februar) ein Vortrag von Prof. Dr. Oskar Negt aus Hannover mit dem Titel "Emanzipation statt Anpassung. Was müssen Menschen in einer Welt der Umbrüche wissen und können?"
Die zunehmende Ausrichtung der Schule an wirtschaftlichen Anforderungen betrachten die engagierten Pädagogen als Gefahr für die künftige Generation. Statt denkender und mitfühlender Menschen werde gelerntes Wissen in zahlreichen Tests abgefragt und mit den Ergebnissen anderer Lerngruppen verglichen.
Die ständige "Testeritis" setze Lehrende und Lernende unter Druck, ohne eine tiefere Aussagekraft zu vermitteln. Vielmehr könne man viele dieser Tests durch bloßes Abschreiben der gestellten Fragen beantworten, berichtete der Lehrer Erwin Junker.
Bernd Georgi verglich die Entwicklung an Schulen und Hochschulen mit der Privatisierung des Universitätsklinikums. Zwar seien die Auswirkungen im Bildungsbereich noch nicht so deutlich feststellbar wie im Gesundheitssektor. Langfristig seien sie jedoch genauso verheerend wie dort, befürchtet der Pädagoge.
Nicht nur die Kinder kämen damit immer mehr unter Leistungsdruck, sondern auch die Lehrkräfte. Görg beklagte eine zunehmende Belastung der Lehrer durch organisatorische Arbeiten, die ihnen die Zeit für eine gründliche Vor- und Nachbereitung des Unterrichts raube.
Neue Lehrpläne sowie das Hin und Her zwischen G8 und G9 als Dauer führten zu unnötiger Verunsicherung aller Beteiligten. Die Rahmenlehrpläne verlangten von einer 8. Klasse insgesamt 138 verschiedene Fertigkeiten, ohne dass sie jedoch genaue Inhalte angäben, beklagte Junker.
All diese Probleme möchten die Pädagogen gemeinsam mit Kollegen, Studierenden, Schülern, Eltern und anderen Interessierten diskutieren. Dabei wollen sie an ihrem Ideal einer Schule festhalten, die eigenständiges Denken, Mitmenschlichkeit und soziales Engagement ebenso vermittelt wie fachliches Wissen.
Franz-Josef Hanke
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