20.08.2012 (fjh)
Mit einer "rauschenden Ballnacht“ feierten Gäste und Gastgeber am Freitag (17. August) in der Alten Aula der
Philipps-Universität den Abschluss von vier spannenden Studienwochen zum Thema "Frieden und Konflikt im Nahen und Mittleren Osten". Der Schwerpunkt der 14. Hessischen Internationalen Sommeruniversität (ISU) war der "Arabische Frühling“.
"Die Feier zeigte, dass neben der thematisch-akademischen Auseinandersetzung auch der soziale Austausch ein wichtiger Bestandteil des ISU-Programms ist", erklärte die ISU-Koordinatorin Cornelia Janus. "Für viele der jungen Studierenden gehört der Studienmonat in Marburg zu ihren ersten Auslandsaufenthalten. "sie machen fachliche, sprachliche und interkulturelle Erfahrungen, die sie nie vergessen werden.“
Bei der Lehre der ISU mit Dozentinnen und Dozenten aus Ägypten, aus Israel und dem Iran wirkte sich erneut die Synergie der beiden wissenschaftlichen Zentren der Philipps-Universität aus. Das Zentrum für Konfliktforschung (ZfK) vertrat PD Dr. Johannes M. Becker. Das Center for Near and Middle East Studies (CNMS) wurde durch Prof. Dr. Rachid Ouaissa vertreten.
Zusätzlich zu den über 30 Studierenden aus Kanada, den Vereinigten Staaten von Amerika (USA), Großbritannien, Israel, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Palästina nahmen auch neun Studierende der Philipps-Universität an der ISU teil. Für das ansonsten kostenpflichtige Programm hatten sie ein Stipendium erhalten.
Auch das Rahmenprogramm und die Exkursionen standen im Zeichen der Begegnung. "Das Zusammenkommen mit Menschen aus unterschiedlichen Ländern hat mir viele neue Perspektiven geöffnet“, stellte Ibrahim Odeh von der Universität Nablus in Palästina anerkennend fest.
Thematisch ermöglichte die ISU die persönliche Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Themen und Institutionen in Deutschland. Bei Besuchen in der muslimischen und jüdischen Gemeinde diskutierten die Studierenden etwa den sinn des Kopftuchverbots in vielen deutschen Bundesländern oder den Wiederaufbau der Marburger jüdischen Gemeinde.
Bei einer Exkursion nach Frankfurt wurde die Gruppe von zwei Aktivisten im Occupy-Camp vor der EZB empfangen. In einer einstündigen Debatte standen die Hintergründe, Ziele und Herausforderungen der deutschen und internationalen Bewegung im Mittelpunkt. Eine ihrer Inspirationsquellen fand Occupy im arabischen Frühling.
Die Querverbindungen zwischen dem Oberthema der ISU und dem Programm der Exkursionen sind Teil des Konzepts. Das wechselhafte französisch-deutsche Verhältnis und seine Triebkraft für das Entstehen der Europäischen Union stand im Vordergrund einer großen Exkursion nach Strasbourg, zu der auch ein Besuch im Konzentationslager Le Stuthof/Natzweiler gehörte.
Gegen Ende der Summer School wurde der Schwerpunkt "Arabellion“ in einer kontroversen Podiumsdiskussion beleuchtet. Die beiden akademischen Leiter der ISU – PD Dr. Johannes M. Becker, Privatdozent und Geschäftsführer des Zentrums für Konfliktforschung, und Prof. Dr. Rachid Ouaissa vom Centrum für Nah- und Mittelost-Studien – sprachen zusammen mit ihrem Gast Prof. Dr. Werner Ruf aus Kassel über die aktuelle Situation in der arabischen Welt. Dabei stellten
sie die Frage "Aufbruch oder Stillstand?“
Ouaissa sieht keine große, sondern viele kleine Revolutionen in der arabischen Welt. Bezüglich des Fortgangs der emanzipatorischen Bewegung ist Becker indes skeptisch.
Zum einen erwiesen sich bestehende Strukturen als sehr beständig. Als Beispiel nannte er das Militär in Ägypten. Zum anderen hätten Interventionen des Auslands – in Libyen und Syrien – die Ideen des Arabischen Frühlings diskreditiert. Dennoch gibt es nach Rufs Einschätzung eine enorm positive symbolische Dynamik der Ereignisse in der arabischen Welt. Auch wenn man nicht vom "Frühling in der arabischen Welt"
sprechen könne, seien die Bewegungen zum Symbol für die Macht und Souveränität des Volkes geworden und hätten weltweit Menschen angesteckt.
"Die ISU hat das große Potenzial, Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen zusammenzubringen und dadurch Vorurteile aufzuweichen", resümierte die Marburger Teilnehmerin Lena Seepe am Ende der vier internationalen und intensiven Wochen Sommeruniversität. "Denn von Stereotypen und Feindbildern ist kein Mensch frei.“
pm: Philipps-Universität Marburg
Text 7488 groß anzeigenwww.marburgnews.de