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Gesundheit, Gier und Wut


Böttcher sprach beim 6. Marburger Montagsgebet

30.07.2012 (fjh)
"Wir wissen, was die Dinge kosten; aber wir wissen nicht, was sie wert sind." Mit dieser Bemerkung wies die Betriebsratsvorsitzende Bettina Böttcher vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg (UKGM) am Montag (30. Juli) beim 6. Marburger Montagsgebet in der gut besuchten Elisabethkirche auf den fortschreitenden Werteverlust in der bundesdeutschen Gesellschaft hin.
Werte wie Verantwortung und Vertrauen seien wichtige Grundlagen menschlichen Zusammenlebens. Sie müssten in Unternehmen aber nicht nur von den Beschäftigten, sondern auch vom Führungspersonal verwirklicht werden.
Gesundheit dürfe nicht den Gesetzmäßigkeiten eines kapitalistischen Marktgeschehens unterworfen werden, forderte die Gewerkschafterin. Vielmehr bedürfe es einer Wirtschaftsweise, die sich an den Menschen und der Natur orientiert.
Der Kampf gegen die Privatisierung der Universitätskliniken sei noch lange nicht zu Ende. Beschäftigte und Patienten sowie Lehrende und Lernende der Philipps-Universität litten unter dem immer härteren Arbeitsdruck im Klinikum auf den Lahnbergen.
Geradezu gerührt dankte die Betriebsratsvorsitzende den vielen Menschen, die das Personla der beiden Kliniken bei seinem Kampf für den Erhalt seiner Arbeitsplätze wie auch menschlicher Arbeitsbedingungen unterstützten. Auch der Evangelischen Kirche in Marburg dankte sie für die Möglichkeit, die Betroffenheit der Beschäftigten in der Elisabethkirche mit ihrer herausragenden Tradition ausdrücken zu dürfen.
"Christen nennen es Nächstenliebe", fuhr Böttcher fort. "Gewerkschafter nennen es Solidarität. Martin Luther King nannte es Compassion. Ich nenne es Mörtel."
Die Menschen seien der Mörtel, der die Gesellschaft zusammenhält, erklärte sie. Ohne diesen Zusammenhalt falle die Gesellschaft wie ein Kartenhaus in sich zusammen.
Ihre Rede beendete Böttcher mit einem Gebet des Kabarettisten Hanns-Dieter Hüsch. Darin bat er Gott um Zeit, die die Menschen der Eile und Hektik des Alltags entgegensetzen könnten, um ihren Mitmenschen in die Augen zu blicken und an ihren Sorgen und Nöten teilhaben zu können.
Pfarrer Ulrich Kling-Böhm von der Thomaskirche im Marburger Stadtteil Richtsberg verglich die derzeitige Situation der Gesellschaft mit der Aussage eines alttestamentarischen Psalms. Gesundheit und Lebenschancen der Menschen würden häufig dem Geld untergeordnet. Mancher meine, er könne sich an die Stelle Gottes setzen und über andere verfügen.
Dem setzte Kling-Böhm die deutliche Feststellung entgegen, dass jeder Mensch über eine undiskutierbare Würde verfügt. Das gelte für den Insassen eines Psychiatrischen Krankenhauses genauso wie für den Chefarzt, die Bundeskanzlerin oder die Betriebsratsvorsitzende, den apathischen Obdachlosen oder die todkranke Seniorin.
Um diese Würde gehe es auch beim Kampf gegen den Sozialabbau am Klinikum. Diese Würde gerate nämlich in Gefahr, wenn Gesundheit den Profitinteressen und Effizienz-Erwägungen kapitalistischer Klinik-Konzerne unterworfen werde.
Franz-Josef Hanke
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