20.07.2012 (jnl)
Die Jazz-Combo "Chunks" brachte am Donnerstag (19. Juli) in der
Cavete ein energievolles, inspiriertes Konzert - mitten im vermeintlichen Sommerloch. Von den vier zum Projekt gehörenden Musikern traten nur drei an, da der Keyboarder Malte Bogner kurzfristig krankheitsbedingt ausfiel.
Das angekündigte Programm "Scofield & More" wurde daraufhin zu einem Streifzug durch die Jazzgeschichte. Der amerikanische Gitarren-Heros John Scofield kam nur noch mit zwei funkigen Stücken vor.
Sowohl der Bassist Arne Dippel als auch der Gitarrist Andi Völk steuerten mehrere eigene Kompositionen bei. Besonders Dippels Stück "Für E.S." - gemeint ist der 2008 ertrunkene Jazzpianist Esbjörn Svensson - gefiel.
Alle drei Jazzer sind akademisch ausgebildet und ausgezeichnete Könner auf ihren Instrumenten. Dippel spielt schnell und ausdrucksstark einen sechssaitigen E-Bass. Wenn er hochkonzentriert einen seiner zahlreichen Solo-Läufe einflicht, sieht man sein ganzes Gesicht mitsingen.
Noch aufregender für die Konzertbesucher zeigt sich Andi Völk. Während er einen Sound - existenziell wie Jimi Hendrix und filigran wie John McLaughlin - erzeugt, mahlt unablässig sein Kiefer und der ganze Körper gerät in tanzende Schwingung.
Nur wenige zeitgenössische Jazz-Fusion-Gitarristen gibt es, die einen derart beseelten, weltenraumöffnenden Stil wie Völk bevorzugen. Dabei gelingt es ihm, gleichsam aus seinem Inneren zu glühen und in einem "Flow" zu schweben.
Ebenfalls ein beeindruckender Musiker ist der aus Gießen-Kleinlinden stammende Schlagzeuger Jonathan Reiter. Die Feinfühligkeit seiner Tempi-Wechsel und gleitenden Veränderungen der Lautstärke vermisst man oft bei älteren Kollegen, selbst wenn sie im Jazz-Genre zuhause sind.
Nach dem Konzert erweisen sich die großartigen jungen Musiker als ziemlich normale Vertreter ihrer Studenten-Altersgruppe: viel Durst und auf aufregende Frauen aus. Die waren tatsächlich zahlreich im Konzert gewesen, aber sind dann - es ist mitten in der Woche - nicht geblieben.
Die Jungmusiker hatten es nämlich fertiggebracht, ihr für 21 Uhr angekündigtes Konzert erst mit dreiviertelstündiger Verspätung zu starten. Gegen Mitternacht teilen sie die Einnahmen aus dem Spendenhut und chillen aus und geraten ins Reden bei Bier und Tequila.
Der Jazz-Club Cavete und sein freundlich grinsender Wirt, der ehemalige Fernsehjournalist Frank Liers, haben sich mit diesem kurzfristig zustandegekommenen Konzert-Glanzlicht mal wieder von ihrer besten Seite gezeigt.
Jürgen Neitzel
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