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Erneuerung ehrgeizig


Stand des Klimakonzepts des Kreises vorgestellt

08.05.2012 (jnl)
Eine Zwischenbilanz zu "Energiewende und Klimakonzept" im Landkreis Marburg-Biedenkopf zog Dr. Norbert Clement am Montag (7. Mai) im Hörsaalgebäude der Philipps-Universität. Der emeritierte Physik-Professor Dr. Hans Ackermann vom Interdisziplinären Seminar zu Ökologie und Zukunftssicherung (ISem) moderierte die Veranstaltung.
Wie erwartet strich der Fachdienstleiter des Kompetenzteams RegioEnergie die umfassenden, ehrgeizigen Ziele des Kreiskonzepts heraus sowie die unbestreitbar erzielten beträchtlichen Erfolge bei deren Umsetzung. Die just an diesem Tag bekannt gewordene Auszeichnung des Landkreises für seinen "Masterplan 100 Prozent Klimaschutz" - verbunden mit 660.000 Euro Preisgeld - seitens des Bundesumweltministeriums untermauerte die Berechtigung dieser Anstrengungen.
Eine Vorreiterrolle nimmt der schwarz-grün regierte Landkreis tatsächlich ein im Bereich der "Bioenergie-Dörfer". Auf der Basis von vorhandenen Biogasanlagen entstanden in etlichen Gemeinden genossenschaftliche Fernwärme-Selbstversorger.
Die besonders weit gediehene Anlage in Wetter-Oberrosphe entwickelte sich in den vergangenen Jahren zu einem regelrechten Besuchermagneten. Gruppen aus dem gesamten Bundesgebiet reisten an, um vor Ort die Möglichkeiten zu erfahren, wie sich das Konzept auf die eigenen Gemeinden übertragen ließe.
Kritisch beleuchtete Clement dabei Nachteile der für die Biomasse-Erzeugung zur Zeit noch bevorzugten Mais-Monokulturen. Man sei längst auf der Suche nach ökonomisch gleichwertigen und ökologisch verträglicheren Schnellwuchs-Pflanzen. Die Hanfpflanze zum Beispiel bringe zwar hohe Biomasse-Erträge, aber die Faserstruktur lasse sich nicht hinreichend wirtschaftlich verwerten.
Als größte Anliegen stellte der Fachdienstleiter das "Mitnehmen der Bevölkerung vor Ort" heraus sowie das "Hierbehalten" der wirtschaftlichen Erträge in der Region. Investoren von außerhalb sollten nicht mit den - mit erneuerbarer Energie erzielten - Reichtum sonstwohin abziehen.
Integrierte Strukturen wie die "Energiedörfer" bauten auf gewachsenen Sozialbeziehungen auf und erzeugten ein "Wir-Gefühl". Wo man seitens der Politik die Akzeptanz der Bürger nicht durch gute Information und Beteiligung gewinne, erregten hochgesteckte investive Pläne häufig Widerwillen der Bürger.
Beispiele für derartige Bürgerinitiativen zur Verhinderung von Windkraft-Standorten gebe es im Landkreis ja etliche. Ein Windpark-Projekt in Bad Endbach liege seit Jahren auf Eis, weil Bürger der Nachbargemeinden juristisch dagegen vorgehen.
Auf Nachfrage aus dem Publikum äußerte Clement die Einschätzung, dass ein großer Teil des "Geldsegens" von 660.000 Euro aus Berlin in Klimaschutz-Bildung, Akzeptanz- und BürgerbeteiligungsInitiativen gesteckt werde. Eine ausgeschriebene Stelle in Höhe von 60.000 Euro im Jahr werde die Fachkompetenz - in Gestalt eines Masterplan-Beauftragten - stärken.
Im grundlegenden Teil seines Vortrags zeigte Clement auf, dass sowohl Wasserkraft und Photovoltaik wie auch Biogas kaum noch große Ausbaupotenziale im Landkreis besäßen. Im künftig wichtigsten Energieerzeugungssektor Strom müsse man vor allem auf effiziente Windkraftanlagen setzen.
Die sechs Jahre seit Einrichtung des Kompetenzteams im Landkreis hätten eine Neuausrichtung mit schönen Umsetzungserfolgen erlebt. Allein die notwendige Datenerhebung für die Bestimmung des Ist-Zustands habe viel Arbeit gemacht.
Nun sei man ein gutes Stück weiter, aber noch lange nicht dort, wo man hinwolle. Ziel sei die Energie-Autarkie des Landkreises Marburg-Biedenkopf durch erneuerbare Ernergien. Frappierend sei, dass er für andere Landkreise mittlerweile offenbar eine herausgehobene Vorreiterrolle spiele.
Der Powerpoint-Vortrag wurde von Clement in - mit vielen Beispielen und Anekdoten geschmückter - freier Rede gehalten. Das machte das - an und für sich eher trockene - Thema unterhaltsam und zugänglich. Leider zeigte Clement dabei aber auch oft einigen Mut zur Lücke, was die Erläuterung der Zusammenhänge betraf.
Jürgen Neitzel
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