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Das Leben hat mich zur Heldin gemacht

12.04.2012 (fjh)
Unter dem Motto "Talentierte Frauen im Schatten berühmter Männer" gibt das Hessische Landestheater Marburg dem wiederentdeckten literarischen Werk Veza Canettis am Donnerstag (19.
April) um 20 Uhr in der "Black Box" mit der szenischen Lesung "Das Leben hat mich zur Heldin gemacht“ eine Plattform. Die Texte beschreiben ihr Leben in Wien während der "Goldenen 20er Jahre".
Ein junger jüdischer Chemiestudent mit literarischen Ambitionen und dem wohlklingenden Namen Canetti trifft in einer
Karl-Kraus-Vorlesung auf die geheimnisvolle Veza, die – schön und gebildet, ebenfalls Jüdin und acht Jahre älter – zunächst unerreichbar scheint. Doch
aus Elias Canetti und Veza Taubner-Calderon wird ein Liebespaar, das sich bis zu ihrem Tod 1963 und trotz aller Wirren des Zweiten Weltkriegs, der Emigration nach London und der schwierigen Nachkriegsjahre nicht wieder trennen wird. Sie wird ihr Leben lang wie eine Mutter für ihn sorgen, als Sekretärin für ihn arbeiten, ihm als Muse zur Seite stehen und trotz aller Widrigkeiten stets an seinen Erfolg glauben, der ihm spät und erst nach ihrem Tod mit dem Nobelpreis für Literatur zuteil werden wird.
Veza verliert durch den Nationalsozialismus Teile ihrer Familie. Sie sehnt sich nach ihrer verlorenen Heimat Wien. Sie verzweifelt an ihrem Ehemann.
Sie verliert ihren Lebensmut und kämpft doch heldenhaft einen privaten, entbehrungsreichen Kampf gegen alle Hindernisse: "Das Leben hat mich zur Heldin gemacht.“
Sie schreibt aber auch selbst und stets unter Pseudonym, wovon nur wenige Freunde wissen. Auch Elias schweigt
bis in die 90er Jahre über das literarische Talent seiner Frau.
Ihr Werk wird dennoch veröffentlicht und gelesen. Es gewinnt sogar Preise.
Doch dann folgt der Nationalsozialismus. Veza wird nie wieder etwas von sich publizieren und sogar einen Großteil ihrer Arbeit vernichten.
Erst in den 90er Jahren wird die Autorin zögerlich wiederentdeckt. Ihre erhaltenen Werke werden neu- oder erstmalig veröffentlicht.
Sie bieten einen reichen Schatz neusachlicher Literatur mit einem - mal sanften, mal scharf sezierenden - Blick auf die Kleinbürger, deren Welt und auf Kuriositäten. Kritisch und humorvoll, bissig und direkt beschreibt sie das Wien ihrer Jugend, bevölkert es mit den skurrilen Gestalten seiner Zeit, lockt den Leser und schockiert
ihn. Dabei umgeht sie jegliche Anbiederung.
In der szenischen Lesung werden ihre Texte zum Hörerlebnis, erheben sich aus den Buchdeckeln und machen ihre Figuren lebendig. Die Lesung macht auch erfahrbar, was Veza selbst fühlte und dachte. Sie tritt in Briefausschnitten in Dialog mit Elias Canetti, wodurch etwas von der tiefen, ungewöhnlichen und komplexen Beziehung der beiden Literaten erlebbar wird.
Als Elias Canetti wird Martin Maecker zu sehen sein. Franziska Knetsch und die stellvertretende Intendantin Dr. Christine Tretow werden unterschiedliche Aspekte von Veza Canettis Persönlichkeit verkörpern. Außerdem stellen sich alle Mitwirkenden in den Dienst von Veza Canettis Literatur und verleihen ihren Figuren einen unverwechselbaren Charakter.
Eingerichtet wurde die szenische Lesung von Viktoria Hahn als Projekt im Rahmen ihres "Freiwilligen Sozialen Jahrs Kultur", das sie am Hessischen Landestheater Marburg absolviert. Auf Veza Canetti stieß sie im Rahmen ihres Germanistik-Studiums. Auch in ihrer Abschlussarbeit beschäftigte sie sich mit Canettis Literatur.
pm: Hessisches Landestheater Marburg
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