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Blog als Buch


Jens Bertrams zieht Lesende in seinen Bann

10.04.2012 (sfb)
Das ist normal: ein Autor zieht mit seinem Manuskript von Verlag zu Verlag in der unerschütterlichen Hoffnung, seine Texte dort zu veröffentlichen. Die Realität ist indes ernüchternd: In den meisten Fällen werden die Texte angesichts der vielen Einsendungen anderer Autoren nicht einmal gelesen.
Der umgekehrte Fall ist allerdings nicht gerade üblich: ein Verleger bittet den Autor um seine Texte zwecks Aufnahme in sein Verlagsprogramm, ohne auch nur einen Cent Druckkostenzuschuss dafür zu verlangen. Dieses seltene Glück ward Jens Bertrams beschieden.
Sein Buch mit dem Titel "Momentaufnahmen aus Politik und Zeitgeschehen“ erscheint nun im Verlag "Bloggingbooks“. Dabei handelt es sich um eine Zusammenstellung von Texten, die der Marburger Autor in seinem polit-blog Mein Wa(h)renhaus seit 2005 veröffentlicht hat.
Das Themenspektrum der Beiträge erstreckt sich hauptsächlich auf Politik und Geschichte, aber auch auf andere Bereiche wie Gesundheit, Privates oder Nachdenkliches. Mit faktenreichen – sorgfältig recherchierten- Darlegungen kommentiert Bertrams das aktuelle Zeitgeschehen. Vornehmlich behandelt er Ereignisse in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, wo der 43-jährige Journalist sein zweites Zuhause gefunden hat.
Seinen Texten merkt man an, dass er das journalistische Handwerk souverän aus dem Efef beherrscht. Sie sind gut strukturiert, klar und stilsicher.
Selbst schwierigere Zusammenhänge - beispielsweise aus dem Bereich Wirtschaft und Finanzen - vermag er für Laien, die anderswo zweimal nachlesen müssen, gut nachvollziehbar und verständlich zu vermitteln. Er schreibt punktgenau und präzise, ohne sich in langweiligen Details zu verlieren.
Diese Fertigkeiten erstaunen nicht, wenn man es mit einem routinierten Schreiber wie Bertrams zu tun hat, der seit sieben Jahren bereits als Blogger gut in Übung ist. Außerdem ist er seit zehn Jahren als Radiojournalist tätig. Er leitet das Marburger Studio des Internet-Radios "Ohrfunk".
Im Unterschied zu anderen journalistischen Gebrauchstexten haben die Texte von Bertrams aber etwas Exklusives. Als ich mir einen ersten Eindruck seiner Artikel verschafft habe, war ich überrascht, dass ich mich länger als die sonst üblichen 2 Minuten auf seiner Internetseite aufgehalten habe, um nicht zu sagen "hängengeblieben“ bin.
Seine Texte, die mal beschreiben und mal kommentieren, fließen förmlich und reißen den Leser mit; keine Barrieren oder keine Hemmungen stören oder unterbrechen den geschmeidigen Lesefluss. Diesen Texten merkt man die Begeisterung und den Spaß des Autors am Schreiben sofort an.
Entwaffnend ist auch eine unverfälschte Ehrlichkeit und Direktheit, mit der der gebürtige Solinger die Dinge des Lebens betrachtet. All das führt dazu, dass die Inhalte beim Lesenden besser ankommen als in Texten, die von gehetzten Journalisten unter Zeit- und Erwartungsdruck geschrieben wurden.
Besonders beeindruckend ist seine Vita, die über den link "über mich“ zu finden ist. In seinem Lebenslauf schreibt Bertrams auch über den Umgang mit seiner Blindheit und wie man umgekehrt mit seiner Behinderung umging. Er beschreibt sehr anschaulich das – bereits in jungen Lebensjahren beginnende - ausgeliefert Sein an institutionelle Gewalten wie die Schule und seine Erlebnisse in einer lieblosen Gesellschaft, auf die er nicht vorbereitet wurde.
Bertrams vermittelt schockierende Sichtweisen, die einmal mehr die Gleichgültigkeit gegenüber Behinderten uns Sehenden sprichwörtlich vor Augen führen, ohne dabei aber anzuklagen oder auf Tränendrüsen zu drücken. In diesen Erlebnissen ist wohl auch die Quelle für sein politisches und soziales Engagement zu vermuten, das in der Vielzahl anderer Texte zum Ausdruck kommt.
Sie spiegeln nicht nur ein allgemeines Interesse an Politik wider, sondern nähren sich auch aus einem unerschütterlichen Lebensmut und Widerstandsgeist gegen – vor allem- undemokratische und menschenverachtende Strömungen.
Gelungen sind auch seine - relativ selteneren - Betrachtungen philosophischer oder rein privater Natur, die aber viel zu kurz sind. Man möchte oft einfach weiterlesen. Zu ähnlichen Eindrücken mag wohl auch der Verleger gekommen sein, der dem sympathischen Autor vor wenigen Wochen das Angebot unterbreitet hat, ein Teil seiner gebloggten Artikel bei Bloggingbooks zu veröffentlichen.
Sabine Ferber
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