27.03.2012 (phg)
Es ist 13.20 Uhr. Ich habe mich am Hauptbahnhof eingefunden. Hier soll die Exkursion beginnen.
Der
Religionswissenschaftliche Medien- und Informationsdienst (REMID) besucht am Montag (26. März) den "Afghan Hindu Kulturverein" in Frankfurt. Die Exkursion ist Teil der Veranstaltungsreihe "REMID lädt ein".
Nach und nach wächst die Gruppe von Interessierten an. Weitere sollen noch in Gießen und Frankfurt hinzukommen. Um 13.35 Uhr fährt unser Zug ab.
Bei einem Besuch in der REMID-Geschäftsstelle an der Universitätsstraße hatte ich in der vorangegangenen Woche die Einladung zur Exkursion angenommen. Dort
hatte ich Maria Mahler, Fozia Sajid und Mareike Kriedemann kennengelernt.
Nach einstündiger Zugfahrt erreichen wir den Frankfurter Hauptbahnhof. Von dort aus müssen wir noch die U-Bahn nehmen. 20 Minuten später steigen wir aus. Ein etwa zehnminütiger Fußweg liegt dann noch vor uns.
Der Hindu-Tempel "Shree Aasamai Mandir" steht an der Salzschlirfer Straße in Frankfurt-Riederwald. Er gehört dem "Afghan Hindu Kulturverein". 1996 hat sich diese Gemeinschaft gegründet.
Um 15 Uhr befinden wir uns am Tempel. Laute und orientalisch anmutende Musik dringt aus dem Inneren des schlichten Gebäudes. Schon draußen ist die Luft von Düften erfüllt, die mir das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Im Hof höre ich Fozia und Mareike bei ihrem Referat über den Hinduismus zu.
Mareike studiert Religionswissenschaft an der
Philipps-Universität , Fozia an der
Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Während der Semesterferien müssen sie ein vierwöchiges Praktikum ableisten und darüber einen Bericht schreiben. Da hatte sich ein Praktikum bei REMID angeboten.
Während des Vortrags zeigen Mareike und Fozia auch Götterfiguren des Hinduismus sowie wichtige Symbole. Diese Gegenstände stammen aus den REMID-Schatzkisten.
In diesen Schatzkisten hat REMID Gegenstände zusammengestellt, die verschiedene Religionen repräsentieren. Einige Dinge aus solchen Kisten hatten mir Mareike und Fozia bereits in der Geschäftsstelle gezeigt.
Ich finde es interessant, auf diese Weise etwas über Religionen zu erfahren, bei der Gegenstände für bestimmte Informationen stehen. Für kurze Zeit taucht man in die jeweilige Religion ein. Ich muss nicht einmal ein Buch aufschlagen.
Die Schatzkisten werden auch für den Religionsunterricht an Schulen eingesetzt. Zusätzlich stehen den Schulen nach Vereinbarung auch die Vereinsmitglieder mit ihrem Wissen zur Verfügung.
Nach dem Referat betreten wir den Tempel. Das geschieht allerdings nicht, ohne die Schuhe ausgezogen und Kopfbedeckungen angelegt zu haben.
Bei der anschließenden Führung wiederholen sich viele Informationen zu den Verhältnissen der Afghan Hindus. Mareike und Fozia haben in ihren Kurzreferaten eben gute Arbeit geleistet.
Jeder Wochentag ist einem Gott gewidmet. Die Hindus können entscheiden, an welchem Tag sie für einen Gott entsprechend beten und fasten wollen.
Insgesamt zeichnet sich diese Religion durch ein verhältnismäßig lockeres Regelwerk aus. Dieser Umstand beeindruckt mich, ist man doch im Alltag ständig mit Forderungen und Verboten konfrontiert.
"Wo es in anderen Religionen hieße, tu das nicht, würde es bei uns lauten: wenn du das tust, geschieht Folgendes", erklärt unsere Führerin. Nach dem Rundgang durch den Tempel werden typische Speisen angeboten. Die Bewirtung von Gästen ist bei den Hindus ein wichtiger Brauch. Unhöflich wäre es, die Einladung zum Essen abzuschlagen.
Nach der Mahlzeit verabschiedet sich der Großteil der Gruppe. Die Übrigen beobachten die Fastenfeierlichkeiten der Afghan Hindus. Wir wundern uns darüber, wie locker und ausgelassen die ganze Sache vonstatten geht.
Musik spielt bei diesen Gebeten eine große Rolle. Bestimmte Worte, die sich an einer Stelle fortwährend wiederholen, drängen andere störende Gedanken kurzzeitig in den Hintergrund. Alles scheint sich für einige Minuten um die monotone Melodie und die Worte zu drehen.
Einige Zeit später beschließen wir, den Heimweg anzutreten. Mittlerweile bricht langsam der Abend an.
Fast drei Stunden hat der Besuch des Tempels gedauert. Für Fozia und Mareike war es ein herausragendes Ereignis in ihrem Praktikum. Schließlich hatten sie die Exkursion organisiert.
Im Zug wirken sich die Erfahrungen des Tages noch lange auf unsere Gespräche aus. Mareike ist mit ihrem Praktikum zufrieden. Auch ich nehme von diesem Tag einige interessante Erkenntnisse mit.
"Es war interessant, auf diese Weise an Religionen herangeführt zu werden“, sagt Mareike. Die unvoreingenommene Heranführung an Religionen ist Kernaufgabe von REMID. Seit 1989 setzt sich der Verein für religiöse Toleranz und damit für ein friedliches Zusammenleben ein.
An diesem Tag hat REMID sein Ziel voll erreicht. Für mich war die Exkursion jedenfalls ein großer Gewinn.
Pierre Griffon
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