24.03.2012 (phg)
Mit einem Liederabend setzte der Marburger Konzertverein am Donnerstag (22. März) sein Jahresprogramm fort. Mit ausgewählten Kunstliedern führten die Sopranistin Polina Pasztircsák und der Pianist Jan Philip Schulze in der Stadthalle ein vielseitiges Publikum durch eine Zeit, in der sich die westliche Kunstmusik zunehmend den Grenzen der Tonalität näherte. Trotz kurzfristiger Änderungen in der Reihenfolge sahen Musikliebhaber einem musikalisch hoch interessanten Programm entgegen.
Mit drei ausgewählten Liedern von Claude Debussy begann der Abend. "Beau Soire", "Fantoches" und "Claire de Lune" erfüllten die Luft mit impressionistischen Klängen. Vor allem dieses Lied war in der Lage, den Zuhörer emotional zu berühren. Hier stachen zum ersten Mal Pasztircsáks Fähigkeiten richtig heraus, da eine Stimme mit einfühlsamem Anstrich gefordert war.
Als Nächstes spielte das Duo Lieder vom österreichischen Komponisten Alexander Zemlinsky. Wie bei Debussy reichten die Stimmungen von Schwermut bis hin zu verträumten und gelösten Passagen.
Als ein weiterer musikalischer Leckerbissen erwies sich das Stück "In meines Vaters Garten" von Alma Mahler-Werfel. Interessant war in diesem Fall die Reihenfolge der Komponisten, da Zemlinsky und Werfel ein Verhältnis hatten.
Fast schon gegensätzlich waren die nächsten beiden Lieder des ungarischen Komponisten Zoltan Kodály. Während seinem Ersten Lied eine durchgehend wehmütige Note anhaftete, war das Zweite Stück eher stimmungsvielfältig und lebhaft. durch eine nicht festgelegte Tonart stand es der modernen klassischen Musik nahe.
Bela Bartóks Dorfszenen empfingen die Zuhörer nach der Pause. Der im Jahr 1924 entstandene Liederzyklus zeigte typische Merkmale des musikalischen Expressionismus.
An manchen Stellen war er nur schwer zu verdauen. Dissonanzen und eine infernalische Lautstärke ließen einige Zuhörer frösteln.
Als leichtere Kost erwiesen sich hingegen die anschließenden Stücke von György Ligeti und Richard Strauß. Die abschließende Zugabe "Ein Ständchen" von Richard Strauß führte den Zuhörer wieder in die wohl bekannten Sphären der romantischen Epoche zurück. Die Leichtigkeit vermittelte einem dasGefühl, im nächsten Moment in die einbrechende Nacht hinauszuschweben.
Insgesamt überzeugten Schulze und Pasztircsák durch eine überragende Leistung sowie durch ein tadelloses Zusammenspiel. Übergänge von lauten- zu leisen Passagen meisterten beide ebenso wie komplizierte Stellen mit großen Intervallsprüngen. An dieser Leistung ließ sich die internationale Erfahrung der beiden sehr gut erkennen.
Wer kein Anhänger der modernen Musik des zwanzigsten Jahrhunderts war, hatte sicherlich über weite Strecken seine schwere Not. Doch waren diese Stücke im nachhinein nicht wegzudenken.
Interessant war auch die vielseitige Programmgestaltung, da auch Unbekanntere Komponisten aus anderen Ländern enthalten waren. Somit war es möglich, die Musik zwischen Spätromantik und Moderne als Phänomen wahrzununehmen, das die westliche Kunstmusik über die Landesgrenzen hinweg nachhaltig beeinflusste.
Pierre Griffon
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