21.03.2012 (fjh)
Über das Thema "Plagiate finden und ahnden" haben beim Hessischen Fachforum "Plagiats-Erkennung in der Lehre" am Mittwoch (21. März) fünf Vortragende im Kanada-Saal der Universitätsbibliothek (UB) mit rund 40 Interessierten diskutiert. Zeitdruck und Bequemlichkeit, Unkenntnis der wissenschaftlichen Regeln und die Anonymität des Internets, "Copy and Paste" sowie die daraus resultierende Niederschwelligkeit eines Verstoßes sind nur einige von einer Vielzahl von Faktoren, die das Thema nicht erst seit den Skandalen um Politiker zu einem wichtigen Gegenstand des universitären Alltags machen.
In seiner Begrüßung wies Prof. Dr. Joachim Schachtner auf die besondere Problematik hin: "Die Grenze zwischen eigener Leistung, ‚Echtheit’ und Plagiat ist nicht fix, sondern gesellschaftlich determiniert." Als Vizepräsident der Philipps-Universität für Informations- und Qualitätsmanagement ist er zugleich auch Vorsitzender ihrer Lenkungsgruppe "Neue Medien".
Dr. Uwe Feldbusch und Holger Wiethäuper vom Fachbereich Erziehungswissenschaften der Philipps-Universität definierten "Plagiat" als eine "nicht kenntlich gemachte Übernahme einer fremden Leistung in einem Umfang, der auf absichtsvolles Vorgehen schließen lässt". Die Schwierigkeit liege in der nachvollziehbaren Beweisführung wissenschaftlichen Fehlverhaltens.
In ihrem Vortrag "Plagiatserkennungs-Software - Wundermittel oder Zeitverschwendung?" stellte Prof. Dr. Debora Weber-Wulff von der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin fest, dass Lehrende sich einen software basierten "Lackmustest" wünschten, der genau diese nachvollziehbare Beweisführung leiste. "Softwaresysteme, die gut zu bedienen sind, finden nichts; die, die viel finden, sind nicht zu bedienen", umriss sie die Ergebnisse der Tests mit handelsüblicher Software.
Die getesteten Programme bezogen zum Beispiel weder Ergebnisse aus "Google Books" mit ein, noch fanden sie Übersetzungen. Zudem hatten sie Probleme mit Umlauten.
Sprachliche Ungereimtheiten fielen bei aufmerksamer Lektüre studentischer Arbeiten schnell auf, meinte die Professorin: "Fehler sind unsere Freunde, ebenso wie Brüche im Stil."
Daher benutze die Goethe-Universität Frankfurt beim Aufspüren von Plagiaten seit 2006 eine Software, erläuterten My-Sun Kim und Wiebke Otto-Hanschmann vom Referat für Studienangelegenheiten des Frankfurter Fachbereichs Rechtswissenschaften. "Die Ergebnisse dieses Programms werten wir allerdings nur als ein Indiz", berichtete Otto-Hanschmann. "Im weiteren Verlauf prüfen wir die einzelnen Verdachtsmomente von Hand." In ihrem Vortrag "Identifizierung und Sanktionierung wissenschaftlichen Fehlverhaltens" erläuterte sie den konkreten technischen und organisatorischen Einsatz einer Plagiats-Software.
"Prüfmechanismen dieser Art müssen in ein Regelwerk des jeweiligen Fachbereichs zur Aufdeckung und Behandlung möglicher Plagiatsfälle eingebunden sein", forderten Feldbusch und Wiethäuper in ihrem Beitrag "Systematisches Herangehen vor dem Hintergrund fachspezifischer Anforderungen". Plagiats-Software sei daher nur ein Instrument unter vielen.
Einig waren sich die Teilnehmer des Forums, dass Studierende gewissenhaft und gründlich an das wissenschaftliche Arbeiten herangeführt und ehrliche Studierende vor den "Plagiatoren" geschützt werden müssten. Kern des Problems sei nämlich mangelndes Unrechtsbewusstsein.
"Mir hat niemand gesagt, dass ich den Text nicht abschreiben darf", wurde bei der Tagung ein Studierender zitiert. "Ich weiß nur, dass man das nicht in Rechtsgeschichte darf, wegen der Quellen." Deshalb sei es wichtig, flächendeckend studienbegleitende Kurse zum wissenschaftlichen Arbeiten anzubieten.
Das von Dr. Petra Missomelius moderierte Fachforum wurde von der Lenkungsgruppe "Neue Medien" in Zusammenarbeit mit dem Hochschulrechenzentrum (HRZ) der Philipps-Universität veranstaltet. Finanziell gefördert wurde es vom Hessischen Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK). Kooperationspartner ist das "Kompetenznetz e-Learning Hessen".
Die Lenkungsgruppe "Neue Medien" befasst sich seit 2009 mit Themen wie der Lern-Plattform "ILIAS", e-Klausuren, Vorlesungsaufzeichnungen, dem Einsatz von interaktiven Whiteboards in Schulen und Hochschulen sowie "Student-Response-Systemen". Außerdem befasst es sich mit Datenschutz und der Plagiat-Erkennung.
pm: Philipps-Universität Marburg
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