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ACTA ad Acta


Wer wacht wohl über das www

12.02.2012 (fjh)
Das Internet betrachten sie als Gefahr. Deshalb versuchen sie, Kontrolle über das World wide Web (www) zu gewinnen. Dabei ist ihnen anscheinend fast jedes Mittel recht.
Mit der sogenannten "Vorratsdatenspeicherung" haben sie sich in Deutschland eine blutige Nase geholt. Selten hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eine Gesetzesvorlage deutlicher abgeschmettert als diese. Dennoch lamentieren prominente Polizeistrategen und Innenpolitiker weiterhin, die Vorratsdatenspeicherung sei unerlässlich, um das Organisierte Verbrechen, Kinderpornografie oder Terroristen zu bekämpfen.
Ohnehin scheint das www ihnen ein spitzer Dorn im Auge zu sein. Ihr Bedürfnis nach - nahezu uneingeschränkter - Macht und Kontrolle steht einem internationalen Informationsnetz mit weitreichend freiem Zugang diametral entgegen.
Nachdem ihnen eine flächendeckende Kontrolle des Internetsnun über die Vorratsdatenspeicherung nicht gelungen ist, versuchen sie es hinten rum. Dabei führt ihr Weg über die Vereinigten Staaten von Amerika (USA) und ein internationales Abkommen. Mit ACTA wollen sie die Internet-Provider als "hilfssheriffs" einspannen, wie die FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger klagte. Ihrer Intervention ist es zu verdanken, dass die Bundesregierung ACTA vorerst nicht unterzeichnet.
Doch sind es gerade ihre Parteikollegen, die der Meinungsfreiheit und den Freiheitsrechten häufig einen seltsamen Begriff von "Freiheit" gegenüberstellen. Diese "Liberalen" setzen sich für fast uneingeschränkte Freiheiten von Großkonzernen ein, die Menschen nach Belieben auszuplündern.
Der "Markt" werde es schon richten, verkündigen sie. Dass es in Deutschland, Europa und wohl fast weltweit gar keine Marktwirtschaft mehr gibt, verschweigen sie geflissentlich. Ein Markt müsste nämlich die Gleichheit aller Beteiligten garantieren, die dort auf Augenhöhe die Preise für Waren und Dienstleistungen aushandeln.
Tatsächlich aber bestimmen internationale Großkonzerne "die Märkte". Ihrer Gier verdankt das Internet nun auch das ACTA-Abkommen.
Angeblich soll es einen besseren Schutz von Urheberrechten bewirken. Faktisch aber dient es einerseits dem Schutz von Gewinnen der Verwerter Geistigen Eigentums und den Law-and-Order-Interessen von Schnüfflern und Cops.
Was die demokratischen Sonntagsredner in den USA und Europa immer mit Krokodilstränen bejammern, wenn es in China geschieht, wollen sie nun im eigenen Machtbereich verwirklichen. Nichts scheinen die Mächtigen dieser Welt zur Zeit mehr zu fürchten als ein freiheitliches Internet. Die Rolle des www beim sogenannten "Arabischen Frühling" scheint für viele von ihnen eine Horrorvision an die Wand zu malen, wenn sie an den Erhalt der eigenen Macht denken.
Dass die Strafverfolgungsbehörden bei ihrer Neugier nach Daten gerne einmal einen Schritt zu weit gehen, verdeutlicht das Beispiel eines Freien Journalisten aus Marburg. Vor einigen Jahren hatte er in einem Internetforum die Frequenz eines Polizeifunksenders angegeben. Darauf wurde sein Computer beschlagnahmt, sodass er mehrere Tage lang ohne sein wichtigstes Arbeitsgerät dastand.
Der Marburger Journalist hatte nicht einmal eine Straftat begangen. Die Durchsuchung sollte vielmehr denjenigen ermitteln, der die Funkfrequenz vermutlich verraten hatte. Angeordnet hatte diese undemokratische Aktion gegen die Pressefreiheit übrigens der damalige Richter Dr. Franz Kahle.
Nicht jedes Delikt rechtfertigt weitreichende Einschnitte in die Bürger- und Freiheitsrechte. Eine pauschale Kriminalisierung der Nutzer von Tauschbörsen im Internet könnte zudem den ersten Schritt zu einer weltweiten Überwachung des Internets darstellen.
Sicherlich müssen Urheber vor Geistigem Diebstahl geschützt werden. An dieser Stelle müssen Piraten lernen, dass man nicht ungestraft die kleinen Fischerboote entern darf. Aber die machtgierigen Kontrolettis müssen lernen, dass man die Freiheit des Geistes nicht einsperren kann.
Franz-Josef Hanke
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