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Anständig gerettet


Vernissage von Bolenz und Schohl beim Kunstverein

21.01.2012 (jnl)
Den ersten Ausstellungstermin des Jahres 2012 musste der Marburger Kunstverein nach einer Absage relativ kurzfristig neu vergeben. Die Vernissage am Freitag (20. Januar) in der Kunsthalle am Gerhard-Jahn-Platz zeigte jedoch, wie souverän der Verein aus dem Vollen schöpfen kann.
Mit der gebürtigen Marburgerin und Installationskünstlerin Ulrike Bolenz mit heutigem Wohnsitz in Brüssel und dem etablierten Bildhauer Hans Schohl aus Anzefahr hatte der Kunstverein zwei Renommee-Träger der Kunstszene gewonnen.
Der parterre gelegene Raum der Kunsthalle ist den kinetischen Metall-Konstruktionen des Bildhauers gewidmet. "Himmelsmechanik und Höllenmaschine" hat der Ausstellungsmacher diese Sektion genannt. Das ist merkwürdig viel Metaphysik um verspielte kleine Metall-Modelle, die sich an sich mit naturwissenschaftlichen Gegenständen beschäftigen.
Filigran fallen die meisten der ausgestellten Mechaniken aus. Sonnen und Monde kreisen an den Wänden. Federn spreizen sich elektrisch zu Fächern.
In dem abgedunkelten Raum finden sich geheimnisvoll romantische Schattenspiele. Ausgelöst werden sie durch geschickt platzierte winzige LED-Lichtquellen.
Im oberen Stockwerk residieren die großformatigen Acrylglas-Installationen von Bolenz. Diese Sektion hat man nach einem der Bilder unter den Titel "Group noire et blanc" gestellt.
Keineswegs sind die Exponate indes farbarm. Nur ein Einziges ist tatsächlich schwarz-weiß.
Basis sind zumeist halbentblößte Körperbilder einzelner Männer oder Frauen. Die mit einer speziellen kunstvollen Technik auf Acrylglas-Folien aufgetragenen Fotos sind durch Übermalungen oder Texturauftrag nachbearbeitet.
In einer Exponat-Reihe über den mythologischen Unglücks-Flieger Ikarus findet sich starke Dynamik. Andere Ausstellungsstücke allerdings sind eher schemenhaft und verharren distanziert in einem durch die malerischen Mittel hervorgerufenen Nebel der Unnahbarkeit.
Weitaus irritierender als diese Bilder des "Seltsam im Nebel zu wandern" muten die gleich mehrfach vorkommenden geflügelten "Engel"-Gestalten an. Auch hier findet man wieder Metaphysik, die sich zudem dem althergebrachten Schutzengel-Kitsch nähert. Braucht die Kunst neuerdings kommerzielle Stützpfeiler im Esoterischen?
Das lebhafte Marburger Kunstpublikum strömte ausgesprochen zahlreich in diese erste große Ausstellungseröffnung des Neuen Jahres. Der Vereinsvorsitzende Dr. Gerhard Pätzoldt begrüßte die Gäste freundlich.
Die Einführungsrede hielt ein jüngerer Kunsthistoriker. Er kam ohne Mikrofonanlage aus, füllte mit trainierter Stimme ausgezeichnet den Raum. Obwohl er acht DIN-A4-Seiten ablas, leierte es nirgends, was ihm dankbaren, lebhaften Applaus bescherte.
Anschließend hatten die versammelten Kunst-Aficionados Gelegenheit, Freunde zu begrüßen und sich über die Exponate auszutauschen. Die Ausstellung ist noch bis Donnerstag (8. März) in der Kunsthalle am Gerhard-Jahn-Platz zu sehen.
Jürgen Neitzel
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