12.01.2012 (fjh)
"Hier war ich noch nie." Diese Äußerung von Jürgen Markus veranschaulicht für Oberbürggermeister Egon Vaupel auf eindringliche Weise die Bedeutung von Barrierefreiheit. Getroffen hatte Markus diese Feststellung, als Vaupel mit ihm zum ersten Mal im damals neuen Aufzug im Rathaus zum Magistrats-Sitzungssaal gefahren war.
Ihrer Freude über die Auszeichnung der
Universitätsstadt Marburg mit dem "Access City Award" der Europäischen Union (EU) verliehen Vaupel, Stadträtin Dr. Kerstin Weinbach und Franz-Josef Visse als Vorsitzender des städtischen Behindertenbeirats am Donnerstag (12. Januar) im Rathaus Ausdruck. Gewürdigt wurde mit dem 2. Preis vor allem das jahrzehntelange Engagement Marburgs für Barrierefreiheit unter frühzeitiger Einbeziehung von Betroffenen.
Bereits vor knapp 40 Jahren installierte die Stadt Marburg Deutschlands erste Ampel mit Tonsignal. Aufgrund der - 1917 in Marburg gegründeten - Deutschen Blindenstudienanstalt (BliStA) liegt der Anteil behinderter Bürger in Marburg um ein Mehrfaches über dem Bundesdurchschnitt.
Angesichts der besonderen topografischen Verhältnisse in der verwinkelten historischen Oberstadt seien ideale Lösungen nicht immer möglich, betonte Baudirektor Jürgen Rausch. Für Nichtbehinderte sei es oft schwer, sich in dpe Problemlage verschiedenster Behinderungen hineinzuversetzen, betonte Vaupel. Sogar unter den Behinderten selbst sei das nicht einfach, ergänzte Visse.
Die Auszeichnung verstehe er als Ansporn für weitre Anstrengungen, erklärte der Oberbürgermeister. Als anstehende Herausforderungen nannte er dabei den bevorstehenden Umbau der Stadthalle.
Positive Beispiele aus der Vergangenheit seien das Erlebnis-Bad AquaMar, die Gestaltung des Einmündungsbereichs der Wilhelm-Roser-Straße in den Marbacher Weg oder die Universitätsstraße, erklärte Rausch. Seit 15 Jahren arbeitet der Baudirektor eng mit dem Arbeitskreis "Bauen" des Behindertenbeirats zusammen.
"Immer auf offene Ohren gestoßen" sei der Behindertenbeirat dabei mit seinen Anliegen, berichtete Visse. Auch nachträglich seien Wünsche noch berücksichtigt worden. So habe man im AquaMar beispielsweise auch noch einen Aufbewahrungsort für Protesen geschaffen, nachdem sich ein Betroffener über dessen Fehlen beim Behindertenbeirat beschwert hatte.
Der Anstoß für die Auszeichnung kommt ebenfalls aus dem Beirat. Ihn hatte Michael Herbst vom Deutschen Verein der Blinden und Sehbehinderten in Studium und Beruf (DVBS) an die Stadtverwaltung herangetragen.
Einen - ebenfalls viele Jahre im Beirat aktiven - Behinderten würdigt die Stadt künftig sogar mit einem Preis. Vaupel freute sich darüber, dass Weinbach nach einem entsprechenden Beschluss der Stadtverordnetenversammlung (StVV) in Kürze erstmals den mit 20.000 Euro dotierten Jürgen-Markus-Preis ausschreiben kann.
Franz-Josef Hanke
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