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Keine Lichtgestalt


Wulff und seine Freunde, die Unternehmer

23.12.2011 (fjh)
Erst hat er alles spitzfindig abgestritten, dann hat er geschwiegen und nur seine Anwälte für sich reden lassen. Schließlich trat er zum "großen Befreiungsschlag" vor die Kameras. Doch was Bundespräsident Christian Wulff am Donnerstag (22. Dezember) im Berliner Schloss Bellevue als "Entschuldigung" verkündete, war nur ein weiterer Versuch des Abwiegelns.
Nun fordern Vertreter der Regierungsparteien ein "Ende der Debatte", als könne man in einer Demokratie dem Volk einen Maulkorb verordnen. Aber auch diese Äußerung ist nur ein kleiner Mosaikstein in dem ganzen Gezerre um ein Privatdarlehen der Unternehmersgattin Edith Geerkens und mehrere Ferienaufenthalte bei befreundeten Unternehmern sowie die Finanzierung einer Werbekampagne für Wulffs Buch durch den Pohl-Konkurrenten Carsten Maschmeyer.
Wer meint, Wulff könne sich trotzalledem noch halten als Bundespräsident, der demaskiert sich damit selbst. Möglicherweise waren Wulffs politische Entscheidungen trotz der zahlreichen zahlenden Gunstbezeugungen tatsächlich nicht käuflich, doch haftet dem einstigen niedersächsischen Ministerpräsidenten dennoch der Geruch der Korruption an. Welcher "normale" Bürger hat schon Freunde, die ihn in Villen in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) einladen und wochenlang aushalten? Welchem "normalen" Autor bezahlt ein Drückerkönig mit 42.700 Euro die Werbekampagne für sein Buch?
Den Titel "Besser die Wahrheit" hätte Wulff sich besser selbst zu Herzen genommen. Und auch Maschmeyer hätte die Rechnungen für "Anzeigen" besser nicht nachträglich in Rechnungen für "Beratungsleistungen" abändern sollen. Ohnehin mutet es sehr befremdlich an, dass Wulff von Maschmeyers zahlungskräftiger Anzeigenkampagne nichts gewusst haben will.
Sicherlich macht jeder Mensch Fehler. Auch Bundespräsidenten sind gewiss keine Engel. Aber gerade dieses Amt verlangt eine Persönlichkeit, die durch ihre moralische Integrität die übergroße Mehrheit der Bevölkerung überzeugen kann.
Die fehlende Empörung vieler Politiker über Wulffs allzu große Nähe zu zahlungskräftigen "Freunden" indes bezeugt nur, dass korrumptive Strukturen in der Politik anscheinend schon als ganz normal gelten. "Das Geld regiert die Welt." Dieser alte Spruch gilt heute leider mehr denn je.
Angesichts von Milliardenzuweisungen an sogenannte "Rettungsschirme" für notleidende Staaten oder in Schieflage geratene Banken könnte man die wenigen 100.000 Euro für Wulff als Lapalie vernachlässigen, wären sie nicht auch ein Baustein bei der Bewilligung der mehrere hundert Milliarden Euro schweren Stützaktionen für die Finanzindustrie.
Von dubiosen "Märkten" lassen sich die Regierenden Europas zu immer gigantischeren Überweisungen drängen. Sogenannte "Rating-Agenturen" halten den Daumen hoch oder hinab und stürzen damit ganze Volkswirtschaften ins Verderben.
Gespart wird dann – angeblich "alternativlos" an Sozialleistungen und Renten oder durch die Privatisierung öffentlicher Betriebe. All das zeigt, wie skrupellos das Geld regiert.
Wenn die armen Banker einmal in ihren eigenen Strukturen danebengegriffen und sich verzockt haben, dann rufen sie nach dem Staat. Asche häufen sie über ihr Haupt, damit die Regierenden ihre Betteleien erhören.
Kaum aber haben die Regierungen ihnen Milliardenbeträge aus dem Steuersäckel überwiesen, da zocken sie wieder ungeniert weiter. Dann geißeln sie jede staatliche Regulierung als "Teufelswerk".
Schlimmer noch ist aber, dass sie dann sogar die Regierungen für die Milliardenhilfen abstrafen, indem sie die "Bonität" der betreffenden Staaten herabstufen, weil diese Länder ja nun neue Schulden haben aufnehmen müssen bei den - jetzt wieder auf die Beine gekommenen - Banken. Bezahlen muss das alles der – letztlich betrogene – Bürger.
In dieses System der Hochfinanz hat Wulff sich mit seinen Freundschaften einbinden lassen. Seine "Amigo-Affäre" bezeugt, dass er nicht der moralisch integre Präsident des deutschen Volkes ist, als der er sich auch bei seinem Besuch in Marburg am Donnerstag (14. April) öffentlichkeitswirksam guerierte.
Vor dem Hintergrund seiner einmalig günstigen Kreditgeschäfte und wiederholter Urlaube auf Kosten befreundeter Unternehmer erscheint Wulff nun jedoch als willfähriger Lakai von Wirtschaftsbossen und Finanzmagnaten. Wer eine demokratische Bundesrepublik will, für den ist dieser Mann als höchster Repräsentant des Volkes unerträglich.
Besser wäre, Wulff würde seinen Posten mit dem des Geschäftsführers eines Unternehmer- oder Bankenverbands tauschen. Das wäre ehrlicher.
Franz-Josef Hanke
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