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Neue Kooperation


Ausländerbeirat und REMID für religiöse Toleranz

02.12.2011 (fjh)
"Sie kommen hierher und bringen ihre Religion mit." Mit diesen Worten beschrieb Maria Hennig vom Ausländerbeirat der Stadt Marburg die Situation von Migrantinnen und Migranten in Deutschland.
Über die unterschiedlichen Religionen, ihre Riten und Ausprägungen wissen oft aber selbst Migranten aus anderen Ländern wenig. Um die gegenseitigen religiösen Hintergründe besser zu vermitteln und damit mehr Verständnis füreinander zu wecken, hat der Ausländerbeirat jetzt eine Kooperation mit dem Religionswissenschaftlichen Medien- und Informationsdienst (REMID) vereinbart.
Die Beweggründe des Ausländerbeirats für dieses bundesweit einmalige Vorhaben erläuterte seine Vorsitzende Goharik Gareyen-Petrosyan am Donnerstag (1. Dezember) in der Volkshochschule. Ziel der Kooperation sei eine neutrale Vermittlung der verschiedenen Religionen und ihrer Hintergründe an Einheimische und Zugezogene. Angesichts seiner wissenschaftlichen Neutralität gegenüber allen Religionen sei der REMID dafür genau der richtige Ansprechpartner.
"Es gibt nicht ein Christentum, einen Islam oder einen Buddhismus", unterstrich die REMID-Vorsitzende Maria Mahler die Vielfalt selbst innerhalb der verschiedenen religiösen Orientierungen. Vorherrschend sei in der Vergangenheit aber häufig eine subjektive Bewertung anderer Gruppen aus einer jeweils vom eigenen Glauben geprägten Sicht gewesen.
"In Marburg leben gut 5.000 Menschen mit Migrationshintergrund", erklärte Hennig. Angesichts ihrer Herkunft aus annähernd 150 unterschiedlichen Ländern sei auch ihr religiöser Hintergrund ausgesprochen vielfältig.
Für viele ist die Religion ein wichtiger Bestandteil der eigenen Identität. Doch bereits die zweite Generation gerate oft in einen Loyalitätskonflikt zwischen - mitunter strengen - Glaubensregeln der Herkunftsreligion und vollkommen anderen Lebensweisen in ihrem alltäglichen Umfeld.
Hier möchte der Ausländerbeirat mit Unterstützung des REMID weiterhelfen. Die Information über die verschiedenen religiösen Bekenntnisse und ihre Praxis soll mögliche Konflikte zwischen den Anhängern unterschiedlicher Weltanschauungen und Religionen bereits im Vorfeld vermeiden.
Zudem möchte der Ausländerbeirat auch eine eigene Position zur Problematik eines islamischen Religionsunterrichts an den Schulen in Marburg entwickeln. Dabei hofft Gareyen-Petrosyan auf die Expertise des REMID.
Hennig lobte insbesondere "die Schatzkiste von ReMID". Bei der REMID-Initiative "Schatzkisten der Religionen" handelt es sich um ein Projekt, das Kisten mit Utensilien unterschiedlicher Religionen in Schulen bringt, wo Kinder dann die einzelnen Ritualgegenstände ansehen und buchstäblich begreifen können.
Gareyen-Petrosyan hat sich mit dem Kooperationsvorschlag auch deswegen an den REMID gewandt, weil hier unterschiedliche Experten verschiedenster wissenschaftlicher Disziplinen neutral über Religionen forschen. Der REMID als "Religionsbeauftragter" des Ausländerbeirats sei damit sowohl hinsichtlich seiner personellen Kapazitäten als auch bezüglich seiner weltanschaulichen Neutralität ein verlässlicher Partner.
Angesichts vieler Falschinformationen über fremde Religionen sieht Mahler ihre Hauptaufgabe vor allem in einer sachlichen Information und dem Gespräch mit unterschiedlichen Glaubensrichtungen einschließlich atheistischer oder agnostischer Weltanschauungen. Einen neutralen "Religionskunde-Unterricht" würde sie deshalb dem bekenntnisorientierten Religionsunterricht vorziehen. Doch solange es katholischen und evangelischen Religionsunterricht an staatlichen Schulen gebe, hätten Muslime das gleiche Recht, ihre Kinder auch an der Schule in den religiösen Regeln und Wertvorstellungen des Islam zu unterweisen.
Letztlich geht es den Kooperationspartnern aber vor allem um Verständnis und Toleranz. Hier sei die besondere Prägung Marburgs als weltoffene und sozial orientierte Stadt eine gute Voraussetzung für ein friedliches und freundschaftliches Miteinander in religiöser und kultureller Vielfalt.
Franz-Josef Hanke
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