26.11.2011 (jnl)
Die kleinste Marburger Galerie über-lebt vor allem vom Einfallsreichtum ihrer Betreiberin. Dabei handelt es sich um die Metall-, Licht- und Foto-Künstlerin Ursula Eske.
Eine schöne Atmosphäre und ein Ansturm von rund 40 Besuchern kennzeichneten die Vernissage am Freitag (25. November) in ihrem "Atelier Zwischen den Häusern" in Zwischenhausen. Für ihren neuesten Marburg-Streich hat sich Eske mit der - für ihre Qualität und Vielseitigkeit bekannten - etwa gleichaltrigen Künstlerin Gerda Waha zusammengetan. Der parterre gelegene Hauptraum zeigt drei Segmente des Schaffens von Waha. Im Gewölbekeller erwartet die Besucher eine spielerisch dynamische Installation aus Eskes Kreation.
Beim Hineingehen fällt der erste Blick auf eine Wand voller "Buchobjekte" zur linken Hand. Die Künstlerin hat uralte Bücher vor der Vernichtung gerettet, indem sie aus ihnen schmucke visuelle Exponate machte.
Die Buchdeckel hat sie aufgesägt, um eine Art Guckkasten entstehen zu lassen. Das tollste Beispiel ist ein dickleibiges Handbuch, das durch das Ausstanzen zweier Handformen spielerisch-witzig beim Wort genommen wird.
In den geschaffenen kleinen Fenstern tummeln sich Figurinen, historische Bilder oder auch schon mal ein Lexikon-Text mit beigefügter Lupe. Das Ganze stellt so lustvoll Beziehungen her zwischen Altem und Neuem, das allein dieses Segment viele Neugierige auch außerhalb der Kunstszene anziehen sollte.
An den gegenüberliegenden zwei Wänden hängen einige großformatige Malereien mit afrikanisch inspirierten Motiven. Sie gehen zurück auf mehrere Reisen Wahas ins Nordafrikanische aus früheren Jahren.
Positiv besticht, dass keineswegs exotischer Folklorismus abgebildet wird. Die Malereien sind kitschfrei. Sie spielen mit Symbolen, die an Höhlenmalereien sowie Bauwerke, Schatten, Licht und Farbimpressionen angelehnt sind.
Attraktiv sind die warmen, erdigen Farben dieser Werke in Mischtechnik. Der ausbalancierte Nuancenreichtum und die fesselnden Details der Bildwerke lassen eine gewiefte Könnerin erkennen. Langweilen werden diese Bilder den Betrachter wohl auf lange Zeit nicht.
Das dritte Segment der Waha-Ausstellung besteht aus - auf meterlangen Metallstäben präsentierten - Tonköpfen. Das Ensemble aus rund 40 modellierten Charakterköpfen nimmt das hintere linke Fünftel des Atelierraums ein.
Entstanden sind diese Köpfe aus einem spielerischen Wettbewerb innerhalb der Werkstatt Radenhausen. In dieser Künstlergemeinschaft ist Waha seit Jahren Mitglied. Auffällig an diesen kleinen Arbeiten ist der Reichtum eingefangener Emotions-Ausdrücke.
Über eine steinerne Wendeltreppe gelangt man ins Gewölbe-Kellergeschoss. Hier erwartet den Besucher eine der unnachahmlich quirligen Arbeiten Eskes.
Auf einem quadratischen Metallpodest im Zentrum des Raums tanzen rund fünfzig präparierte Kronkorken in - sich ständig erneuernden - Konstellationen. Der geheimnisvolle Mechanismus dahinter besteht aus einem software-getriebenen Magnetismus.
Die Künstlerin hat ihre tolle Installation "Turbulenzen" genannt. Nie fällt ein Objekt über den Rand. Es entsteht ein - nie gleichförmig werdender - "Tanz ohne Ende".
Die einführende Rede zur Ausstellungseröffnung übernahm die befreundete Radenhausener Künstler-Kollegin Burgi Scheiblechner. In einer angenehm bündigen und wortwitzigen Lobrede stellte sie vor allem die Fähigkeit beider Künstlerinnen heraus, "aus fast allem etwas machen" zu können.
Für einen musikalischen Akzent sorgte die "Hang"-Spielerin Anna Lena Rupenthal. Das neuartige Instrument aus der Schweiz erzeugt meditative Steeldrum-Klangwolken und wird ohne Klöppel mit den Händen gespielt.
Wie schon bei früheren Vernissagen "Zwischen den Häusern" erwies sich das herbeigeströmte Publikum als vielfältig miteinander vernetzt. In überaus angenehmer Atmosphäre bei Sekt und Knabbereien ergaben sich vielerlei Gespräche.
Die Ausstellung läuft bis Freitag (10. Februar). Sie ist Donnerstags und Freitags nachmittags sowie am Samstag geöffnet.
Jürgen Neitzel
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