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Heiße Reise


Marburger André-Gide-Tage im Dezember 2011

23.11.2011 (sus)
"Gide ist prägend für das 20. Jahrhundert", sagte der Regisseur Tim Trzaskalik über den Literatur-Nobelpreisträger André Gide. Ihm zu Ehren veranstaltet die Waggonhalle vom Montag (5. Dezember) bis Mittwoch (14. Dezember) die "Marburger André-Gide-Tage". Neben der Uraufführung von Gides "Der Griesgram" werden noch zwei weitere Veranstaltungen rund um den französischen Autor angeboten.
Den Auftakt macht der Philologe Jean Bollack mit seinem Vortrag "Stillschweigendes Ein- und Missverständnis" am Montag (5. Dezember) um 20 Uhr im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ). Bollack spricht über den Briefwechsel zwischen Gide und dem Romanisten Ernst Robert Curtius.
Die Korrespondenz zwischen den beiden Intelektuellen ist äußerst bedeutsam für die deutsch-französischen Beziehungen nach dem ersten Weltkrieg. Denn zur damaligen Zeit war ein Austausch zwischen deutschen und französischen Intelektuellen eher selten.
Der Schauspieler Pitto Campa und Regisseur Trzaskalik lesen einige Auszüge aus den Briefen auf französisch und deutsch vor. Anhand dieser Auszüge wird Bollack über die Schwierigkeiten eines solchen Dialogs sprechen. Der Vortrag ist eine gemeinsame Veranstaltung der Waggonhalle und des Vereins Kulturelle Aktion Marburg-Strömungen.
Im Mittelpunkt der "Marburger André-Gide-Tage" steht das von Trzaskalik inszenierte Theaterstück "Der Griesgram". Es feiert am Donnerstag (8. Dezember) in der Waggonhalle Premiere.
Gides Erzählung über den "Griesgram" wurde erst 1993 entdeckt. Bis jetzt wurde sie noch nie als Theaterstück inszeniert. Deswegen handelt es sich sogar um eine Welturaufführung.
In Form eines Monologs redet ein namenloses "Ich" über das Elend der Menschheit, seiner eigenen Familie und über seine nervende Ehefrau. Während dieser Rede wartet das "Ich" auf seinen Freund Molle, der aber am Ende aus gutem Grund nicht erscheint.
"Alles, was der Griesgram sagt, dient dazu, den Plot zu verdecken", erklärte Trzaskalik. "Man weiß nie, ob der Griesgram alles so meint, wie er es sagt."
Um die Erzählung zu verstehen, müsse man laut Trzaskalik als Zuschauer "Ermittler" spielen. Aber auch wenn man das Stück nicht verstehe, bleibe immer noch der Genuss der Sprache.
"Der Griesgram" ist Trzaskaliks erste Inszenierung. Zuvor arbeitete er als Professor für Literaturwissenschaften und als freier Übersetzer.
Laut Trzaskalik handelt es sich bei seiner Inszenierung um ein sehr "wortlastiges Theater". Das Ziel von Regisseur und Schauspieler sei es, den Text hörbar zu machen.
Der Monolog wird im Vordergrund stehen. Des Weiteren wird der Schauspieler Konrad Linggenfeld-Landrock bei "schillernden" Textpassagen die Möglichkeit haben, sein Improvisationstalent unter Beweis zu stellen.
Trzaskalik führt nicht nur Regie, sondern hat die Erzählung auch aus dem Französischen übersetzt. Das "Theater Yukatan" hat er eigens für diese Aufführung gegründet.
Allerdings soll es danach weiterhin bestehen. Denn die Gründer haben die Hoffnung, weitere Stücke zu inszenieren.
Die Kino-Aufführung von "Voyage au Congo" von Marc Allégret ist die dritte und letzte Veranstaltung im Rahmen der "Marburger André-Gide-Tage". Der Dokumentar-Stummfilm wird am Sonntag (11. Dezember) im Filmkunsttheater "Palette" zu sehen sein.
Das erste Kinowerk von Allégret aus dem Jahr 1926 dokumentiert seine Afrika-Reise gemeinsam mit Gide. Es zeigt Aufnahmen aus dem damaligen Kongo, die heute nicht mehr vorstellbar sind.
Allégret und Gide reisten im Juli 1925 nach Afrika. Sie glaubten, diese Reise werde sie ins Paradies führen.
Jedoch wurden sie mit einer harten Realität konfrontiert. Sie sahen kein Paradies, sondern die Verbrechen der europäischen Firmen. Diese Unternehmen beuteten die Afrikaner grausam aus.
Die "Marburger André-Gide-Tage" wurden ins Leben gerufen, um Gide und besonders seine jüngst erst entdeckte Erzählung "Der Griesgram" in Deutschland bekannt zu machen. Die Veranstaltungen sollen dem Publikum mehr über Gide und seine Werke vermitteln.
Susanna Strauß
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