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300. Geburtstag


Michail Lomonossow in Marburg übergangen

19.11.2011 (fjh)
"Der ist ja schon morgens besoffen!" Diese Feststellung soll der Marburger Philosoph und Mathematiker Prof. Dr. Christian Wolff über einen seiner Studenten gemacht haben. Dennoch wurde der so Gescholtene später der bedeutendste Gelehrte seines Herkunftslands und Wolffs wichtigster Schüler.
Den 300. Geburtstag von Michail Wassiljewitsch Lomonossow kann am Samstag (19. November) nicht nur die - nach ihm benannte - Moskauer Universität feiern. Der erste und bedeutendste Universalgelehrte Russlands hatte zwischen 1736 und 1739 sowie von 1740 bis 1741 an der Philipps-Universität in Marburg studiert.
Der erfolgreiche Schriftsteller, Sprachwissenschaftler und Historiker, Chemiker und Astronom gilt als Begründer der russischen Wissenschaft. Geboren wurde er am 19. November 1711 in Mischaninskaja im Gouvernement Archangelsk. Gestorben ist Lomonossow am 15. April 1765 in Sankt Petersburg.
Lomonossow stammt aus einer Fischerfamilie. Als Junge erlernte er deswegen Navigation und Wetterkunde. Doch auch Grundkenntnisse in russischer Grammatik hatte er schon früh erworben.
Gegen den Willen seines Vaters verließ er die Heimat im hohen Norden Russlands. Zu Fuß wanderte er 1.000 Kilometer weit nach Moskau. An der dortigen Geistlichen Akademie nahm der wissensdurstige junge Mann ein Studium auf.
Zusammen mit einigen Kommilitonen entsandte die Hochschule ihn vier Jahre später an die Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg. Von dort kam er 1736 dann nach Marburg.
Seine Studentenbude in einem Haus an der Wendelgasse war die wohl glücklichste Wahl seines Lebens. Hier lernte er Elisabeth-Christina Zilch kennen, die er später auch heiratete. Mit dem gemeinsamen Sohn folgte die Tochter seines Vermieters ihm später in seine Heimat nach.
Dort war er von 1741 bis zu seinem Tod als Hochschullehrer, Forscher und Dichter tätig. Zar Peter der Große beauftragte ihn mit wissenschaftlichen Aufgaben. Die Zarin Elisabeth ließ sich von ihm Bühnenstücke verfassen, die mit großem Erfolg zur Aufführung kamen.
Gemeinsam mit seinem Marburger Lehrmeister ordnete Lomonossow für den Zaren dessen Sammlung von Gastgeschenken der Gesandten aus zahlreichen Ländern, von Kunstwerken und technischen Gegenständen nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Dank dieser Umgestaltung kann die Eremitage in Sankt Petersburg als das älteste wissenschaftliche Museum der Welt gelten.
Schon früh entdeckte Lomonossow die Atmosphäre anderer Planeten und erklärte Wärme als Bewegungsenergie von Materie. Das Gesetz von der Erhaltung der Masse geht ebenso auf ihn zurück wie die Entdeckung eines - nach ihm benannten - Landrückens unterhalb des Meeresspiegels.
Zahlreiche weitere naturwissenschaftliche Phänomene sind nach Lomonossow benannt. Die älteste russische Universität in der heutigen Hauptstadt Moskau trägt seinen Namen. Ebenso verleiht die dortige Regierung für herausragende Verdienste um die Wissenschaft eine Lomonossow-Medaille.
Die russische Sprache verdankt ihm nicht nur ihre erste niedergelegte Grammatik, sondern auch das Wort für den "Eisberg". Ebenso wie seine Ehefrau hat Lomonossow es aus Deutschland mitgebracht.
Angesichts seiner zahlreichen Aktivitäten und Entdeckungen dürfte Lomonossow neben seinem Lehrer Wolff und dem Immunologen Emil von Behring wohl der wichtigste Marburger Wissenschaftler sein. Umso erstaunlicher ist, dass es in der Universitätsstadt an der Lahn keine größeren Feierlichkeiten zu seinem 200. Geburtstag gibt.
Franz-Josef Hanke
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