14.11.2011 (fjh)
"Geh doch in die Oberstadt!" Mit dieser Aufforderung drangsaliert der "rechtschaffene" Vater seinen "aus der Art geschlagenen" Sohn in Franz Josef Degenhardts Lied "Spiel nicht mit den Schmuddelkindern!". 1965 errang der Liedermacher damit seinen größten Erfolg.
Der Rechtsanwalt, Schriftsteller und Polit-Barde ist am Montag (14. November) im Alter von 79 Jahren in Quickborn bei Hamburg gestorben. In den späten 60ern und den 70er Jahren war er einer der prominentesten Sänger-Poeten Deutschlands.
Häufig wurde die Oberstadt in Degenhardts Lied mit Marburg in Verbindung gebracht. Tatsächlich aber hat er dabei an seine westfälische Geburtsstadt Schwelm gedacht.
Zu Marburg indes hatte der Liedermacher durchaus auch enge Bezüge. Schließlich war die mittelhessische Universitätsstadt zum Ende der 70er Jahre eine Hochburg der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP), der Degenhardt nach seinem Rauswurf aus der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) beigetreten war.
Ein Ideologe war Degenhardt trotzdem nicht. Vielmehr bewahrte er sich jene Geistesfreiheit, die auch in seinen poetischen Texten zum Ausdruck kommt.
Als wohnungslose Erstsemester im Herbst 1981 das Haus Wilhelmstraße 15 besetzten, um damit auf die Raumnot in der Universitätsstadt Marburg aufmerksam zu machen, übernahm Degenhardt die Patenschaft für das besetzte Haus. Das tat er, obwohl die Hausbesetzer eher der Grün-bunt-Alternativen Liste (GBAL) im Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) nahestanden als seiner DKP.
Das geplante Benefizkonzert zugunsten des besetzten Hauses kam allerdings nicht mehr zustande. Vorher hatte die Polizei es geräumt.
Doch auch aus anderen Anlässen war Degenhardt häufiger zu Konzerten in Marburg. "Väterchen Franz" - wie er sich selbst in einem Lied titulierte - fand hier den Nährboden für seine poetischen politischen Lieder, die kleinbürgerliche Spießeridylle ebenso beschrieben wie die unermesslichen Folgen eines Atomkriegs.
Franz-Josef Hanke
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