19.10.2011 (fjh)
Den Dalberg-Preis 2011 für transdisziplinäre Nachwuchsforschung hat die Marburger Privatdozentin Dr. Sabine Anagnostou vom Institut für Geschichte der Pharmazie der
Philipps-Universität von der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt erhalten. Diese drittälteste Akademie in Deutschland verleiht in Verbindung mit den Universitäten und Hochschulen des Landes Thüringen den Dalberg-Preis, um herausragende Forschungen ins Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken, deren Transdisziplinarität sich nicht nur auf Verbindungen zwischen einzelnen Fächern richtet, sondern vor allem die Brücke zwischen Geistes- und Naturwissenschaften schlägt.
Anagnostou erhielt den Preis für ihre Habilitationsschrift mit dem Titel "Missionspharmazie – Konzepte, Praxis, Organisation und wissenschaftliche Ausstrahlung“, in der sie pharmazie- und medizinhistorische Analysen mit naturwissenschaftlichen, religions- und missionswissenschaftlichen sowie ethnologischen Fragen verbindet. Gutachter der Habilitationsschrift war neben Pharmazie- und Medizinhistorikern auch ein Theologe und Missionswissenschaftler.
„Die drei Wissenschaftler hoben die internationale und interdisziplinäre Bedeutung der Arbeit und deren umfangreiche Ergebnisse hervor, mit denen sich Anagnostou ein tragfähiges Arbeitsgebiet erschlossen habe.
Das zeige auch "unser gemeinsam eingeworbenes Drittmittelprojekt Heilpflanzen der traditionellen arabischen Medizin als potentielle Wirkstofflieferanten", meinte der Marburger Institutsdirektor Prof. Dr. Christoph Friedrich. Ein Ausdruck der Anerkennung der Arbeit sei zugleich, dass die Habilitationsschrift inzwischen als Beiheft in der rennommierten Zeitschrift "Sudhoffs Archiv“ erschienen ist.
In ihrer Arbeit definiert Anagnostou die Missionspharmazie als eine von den speziellen Umständen vor Ort geprägte Form der Pharmazie, die in der Tradition der mittelalterlichen Klosterpharmazie stand und zugleich den Weg für die Ärztliche Mission des 19. Jahrhunderts bereitete. Missionare verfassten charakteristische Handbücher und richteten Ordensapotheken ein, die zu überregionalen Zentren der Arzneiversorgung wurden.
Dadurch brachten sie einen internationalen Heilmittel- und Wissenstransfer in Gang, der die Entwicklung des Arzneischatzes und der Pharmazie in Europa wie in außereuropäischen Ländern nachhaltig beeinflusste. Die Missionspharmazie bietet, wie Anagnostou nachweisen konnte, zugleich auch ein großes Potential für Forschungen auf dem Gebiet der heutigen Phytotherapie und damit zahlreiche Kooperationsmöglichkeiten innerhalb der pharmazeutischen Disziplinen.
Anagnostou wurde im Jahr 2000 am Institut für Geschichte der Pharmazie mit "summa cum laude“ promoviert. Seit 2002 ist sie dort als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig.
Ihre wissenschaftlichen Ergebnisse hat sie neben ihrer Habilitationsschrift in über 40 Publikationen und 50 Vorträgen vorgestellt, die sie im In- und Ausland gehalten hat.
Die Übergabe des Preises erfolgte anlässlich der feierlichen Immatrikulation der Bauhaus-Universität Weimar durch deren Rektor Prof. Dr.
Karl Beucke und den Akademie-Präsidenten Prof. Dr. Klaus Manger. Der Literaturwissenschaftler lehrt an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Der Preis ist nach Carl von Dalberg (1744-1817) benannt. Als "Wirklicher Geheimer Rat und Stadthalter zu Erfurt“ führte er seit 1772 die Akademie als deren Spezialprotektor zur besonderen Blüte.
Er korrespondierte mit den Geistesgrößen seiner Zeit. Zugleich war er allerdings auch ein Förderer der Wissenschaften und Künste.
1802 avancierte Dalberg zum Kurfürsten im Erzbistum Mainz, dessen linksrheinische Gebiete an Frankreich abgetreten waren. Nach dem Reichsdeputationshauptschluss wurde er Kurkanzler sowie mit der Errichtung des Rheinbundes souveräner Fürst-Primas und Vorsitzender der Bundesversammlung.
pm: Philipps-Universität Marburg
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