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Drei Ursachen


Exakte geometrische Muster bei Lebewesen

14.10.2011 (fjh)
Lebewesen formen exakte geometrische Muster, wenn ihre Beweglichkeit von der lokalen Dichte abhängig ist. Mit diesem Mechanismus erklärt ein internationales Forscherteam unter Marburger Beteiligung, wie es zur organischen Musterbildung kommt.
Die Wissenschaftler um den Physiker Prof. Dr. Peter Lenz von der Philipps-Universität belegten die Gültigkeit ihres Konzepts experimentell, indem sie einen künstlichen Schaltkreis aus zwei genetischen Modulen konstruierten. Das Team veröffentlicht seine Ergebnisse in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins "Science", die am Freitag (14. Oktober) erschienen ist.
"Räumliche Muster in der belebten Natur sind nicht nur schön anzusehen wie die Streifen eines Zebras oder die Ornamente einer Muschelschale, sondern erfüllen auch wichtige organische Funktionen“, erklärte Lenz. ein berühmtes Beispiel dafür liefert die molekulare Steuerung der Körpergliederung bei Insekten.
"So treten bei den Embryonen der Fruchtfliege Drosophila Streifenmuster auf, die dadurch zustandekommen, dass bestimmte Gene in regelmäßigen Abständen angeschaltet werden, nicht aber in den dazwischen liegenden Zellen", berichtete Lenz. "Dieses Muster ist ein erstes Anzeichen für die Untergliederung des Larvenkörpers in ringförmige Segmente.“
Vor fast 50 Jahren kam der britische Mathematiker Alan Turing einer Erklärung solcher biotischer Musterbildungsprozesse einen großen Schritt näher. Um den Zellen eines Organismus unterschiedliche Signale zu vermitteln, sodass sie sich voneinander abweichend entwickeln, reichen Turing zufolge bereits zwei Substanzen aus, die miteinander interagieren, indem sie sich in ihrer Wirkung hemmen oder verstärken. Bei derartigen Stoffen sprechen die Wissenschaftler von "Morphogenen".
"Dieser Mechanismus kann in der Tat viele der in der Natur auftretenden Muster erzeugen“, erläuterte Lenz. "Er hat aber den Nachteil, dass er nicht besonders robust gegenüber Fluktuationen ist.“
Die Autoren der aktuellen Veröffentlichung schlagen nun einen vollständig neuen Musterbildungs-Mechanismus vor. Er beruht darauf, dass die Beweglichkeit der Morphogene von ihrer lokalen Dichte abhängt.
"falls sich in Regionen hoher Dichte die Morphogene nur sehr langsam, in Regionen niedriger Dichte hingegen schnell bewegen, so kann sich ein räumliches Dichtemuster herausbilden“, führte Lenz weiter aus.
Die Autoren bedienten sich moderner Methoden der Synthetischen Mikrobiologie, um zu demonstrieren, dass dieser Mechanismus in der Tat zur Musterbildung führen kann. Hierfür wurde das Bakterium Escherichia coli genetisch umprogrammiert.
Die Wissenschaftler schleusten das Gen eines anderen Bakteriums ein, mit dessen Hilfe der Mikroorganismus die Zelldichte in der Umgebung chemisch messen kann. Das geschieht mittels des Botenstoffs "AHL", der nur produziert wird, falls die Zelldichte hoch ist.
Außerdem modifizierten die Forscher das bereits vorhandene genetische Programm für die Zellbeweglichkeit. Die vorgenommenen Veränderungen bewirkten, dass sich E-coli bei hinreichend hoher AHL Konzentration nicht mehr bewegt.
In der Summe weisen die modifizierten Bakterien also genau die geforderte, dichteabhängige Mobilität auf. Tatsächlich gruppieren sich die Zellen in Gestalt eines Streifenmusters, wenn sie ein Nährmedium besiedeln, in dem sie wachsen und sich bewegen können. Die Streifen bestehen aus alternierenden Regionen hoher und niedriger Zelldichte.
"Die theoretische Untersuchung dieses Prozesses zeigte, dass die Regionen hoher Dichte durch Aggregation der Zellen entstehen, die diese immobil machen", erklärte Lenz. Mit Hilfe dieses theoretischen Konzepts konnten die Autoren vorhersagen und experimentell bestätigen, wie sich das Muster manipulieren lässt, indem der Abstand der Streifen modifiziert wird.
"Diese Arbeit demonstriert somit insbesondere die neuartigen Möglichkeiten, die sich durch Anwendung der Synthetischen Mikrobiologie ergeben", fügte Lenz hinzu. "Durch gezielte Manipulationen lassen sich komplexe Effekte in lebenden Systemen genauer analysieren und mathematisch beschreiben."
pm: Philipps-Universität Marburg
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