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Pilz betäubt Pflanzen

10.10.2011 (fjh)
Am Beispiel des Maisbrand-Erregers "Ustilago maydis" haben Forscherinnen und Forscher um Prof. Dr. Regine Kahmann vom Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus mehreren anderen Max-Planck-Instituten und Universitäten herausgefunden, wie Pflanzenschädlinge den Stoffwechsel von Maiszellen für ihre eigenen Zwecke umlenken und die Zellen infizieren können. Das hat die Philipps-Universität am Montag (10. Oktober) mitgeteilt.
Erreger von Pflanzenkrankheiten sind in der Landwirtschaft gefürchtet. Besonders in den heutigen großflächigen Monokulturen können sie sich rasant ausbreiten und zu massiven Ernteverlusten führen.
Für eine erfolgreiche Infektion müssen die Erreger jedoch verschiedene Abwehrmechanismen ihrer Wirtspflanzen überwinden.
Dazu sondert der Pilz einen Cocktail aus Eiweißen ab. Eines davon ist das Enzym "Cmu1". Bei ihm handelt es sich um eine Chorisminsäure-Mutase.
Damit programmiert der Pilz den pflanzeneigenen Stoffwechsel um und dämpft die Abwehr der befallenen Pflanze. Ähnliche Enzyme werden auch von vielen anderen Pflanzenschädlingen gebildet. Dieser Mechanismus könnte daher ein verbreitetes Werkzeug zur Infektion von Pflanzen sein.
Cmu1 ist Komponente des so genannten "Shikimisäure-Stoffwechselwegs", über den Pflanzenzellen aus dem Ausgangsstoff Chorisminsäure die - für Menschen und Tiere essenziellen - Aminosäuren "Tyrosin" und "Phenylalanin" herstellen. Außerdem wird aus der Chorisminsäure ein wichtiger Abwehrstoff der Pflanzen gebildet. Dabei handelt es sich um die Salizylsäure.
Die Marburger Forscherinnen und Forscher haben nun entdeckt, dass die schon lange umfassend untersuchten Chorisminsäure-Mutasen in Pflanzenschädlingen eine völlig neue Funktion besitzen. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge gibt der Maisbranderreger verschiedene Eiweiße an die Pflanzenzellen ab.
Darunter befindet sich "Cmu1". "Cmu1 lenkt den Shikimisäureweg der Pflanze so um, dass die Zellen weniger Salizylsäure produzieren", berichtete Kahmann. "Das Enzym greift also direkt in den Stoffwechsel der Pflanze ein und untergräbt ihre Erregerabwehr.“
Cmu1 gelangt über natürliche Zellverbindungen auch in Nachbarzellen und programmiert sie auf die Bedürfnisse des Pilzes um, noch bevor sie vom Pilz befallen werden. Cmu1 ist aber nur eines von vielen Proteinen, mit denen der Pilz die Pflanze traktiert.
"Er verfolgt also sicher noch andere Strategien, um die Pflanzenabwehr zu überwinden“, erläuterte Armin Djamei, der gemeinsam mit Kerstin Schipper Erstautor der Publikation ist. So besitzt der Erreger zwei Gene für Enzyme, die Salizylsäure unschädlich machen können.
Die Forscher haben Gene für ausschüttbare Chorisminsäure-Mutasen fast ausschließlich bei Pflanzenschädlingen gefunden, die - wie Ustilago maydis - auf lebendes Pflanzengewebe angewiesen sind.
"Offenbar überlisten auch viele andere Mikroorganismen aus dieser Gruppe Pflanzen auf diese Weise", sagte Kahmann. "Wenn wir verhindern, dass Krankheitserreger den Pflanzenstoffwechsel mit ihren Chorisminsäure-Mutasen manipulieren, hätten wir möglicherweise einen wirkungsvollen neuen Ansatz, um Ernteausfälle in der Landwirtschaft zu verringern.“
pm: Philipps-Universität Marburg
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