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Draußen auf der Tür


HU gegen Elektronische Krankenkarte

29.09.2011 (ms)
Gegen die Elektronische Krankenkarte hat sich die Humanistische Union Marburg (HU) bei ihrem Treffen am Mittwoch (28. September) ausgesprochen. In dem Versicherungsausweis mit eingebautem Speicherchip sieht die Bürgerrechtsorganisation einen tiefen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger.
Im Oktober soll der neue Versichertenausweis eingeführt werden. Im Gegensatz zu den bisherigen Krankenkarten enthält er ein Passbild sowie einen les- und beschreibbaren Speicherchip.
Auch wenn in der ersten Phase diese Plastikkarte noch nicht mit der geplanten "Elektronischen Krankenakte" verknüpft wird, dringt sie nach einhelliger Auffassung der Marburger HU-Mitgliedschaft unvertretbar tief in die schutzwürdigsten Bereiche der Privatsphäre von Versicherten ein. Ärztliche Diagnosen, verschriebene Medikamente und vergangene Krankenhausaufenthalte sowie Arztbesuche lägen dann zusammengefasst in einem bundesweit abrufbaren Datennetz vor.
Auch wenn die Zugriffsrechte auf Beschäftigte von Arztpraxen, Krankenhäusern und Krankenkassen beschränkt würden, wäre eine unberechtigte Nutzung dieser intimen Informationen dann weitaus leichter als jetzt schon. Schließlich ist es nach Erfahrungen der HU längst eine Binsenweisheit, dass selbst die ausgefeiltesten Sicherungsvorkehrungen nicht vollständig vor unberechtigtem Zugriff auf Datennetze schützen können.
"Gesundheitsinformationen sind mit die privatesten Angaben über eine Person, die sogar die Betroffenen selbst nicht immer genau erfasst haben", erläuterte der Marburger HU-Vorsitzende Franz-Josef Hanke die Bedenken seiner Organisation. "Ihre Zusammenführung mit Hilfe leistungsstarker Datenverarbeitungssysteme entblößt die Betroffenen schlimmer als jeder Nacktscanner."
Den "Mehrwert" des neuen systems bezweifeln viele Experten vor allem angesichts der schwerwiegenden Auswirkungen möglicher Fehler auf die Gesundheit der jeweiligen Patienten. Da jeder Übermittlungsfehler und jede abgespeicherte Fehldiagnose zu einer falschen Behandlung mit möglicherweise lebensbedrohenden Folgen führen könnte, müssten Ärzte die abgerufenen Angaben ohnehin immer gründlich überprüfen. Damit sei der mögliche Nutzen dieser Technologie aber weitaus geringer als ihre wahrscheinlichen Gefahrenpotentiale.
Besonders ärgerlich findet die HU Marburg, dass Patienten sich gegen die Elektronische Krankenkarte kaum wehren können. Sie werde ihnen vielmehr ohne jegliche Widerspruchsmöglichkeit aufgezwungen.
Einen schwerwiegenderen Eingriff in das Recht auf Informationelle Selbstbestimmung der Bundesbürger hat es nach Hankes Einschätzung bisher noch nicht gegeben, da das System allen gesetzlichen Kassen verbindlich vorgeschrieben werde. "Wenn nur Privatpatienten sich davor drücken können, dann ist das einmal mehr ein deutliches Beispiel für die unsoziale Klassenmedizin", resümierte Hanke.
Angesichts der ernüchternden Erfahrungen mit der Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg (UKGM) befürchtet der Bürgerrechtler zudem, dass die Sorgfalt beim Umgang mit den Krankendaten einer profitorientierten "effizienten" Arbeitsweise zum Opfer fallen könnte. Auch seien Gesundheitsdaten für viele Unternehmen von großem wirtschaftlichen Interesse.
Bei der Besprechung zeigten sich einige HU-Mitglieder allerdings optimistisch, dass die Elektronische Versichertenkarte genauso scheitern könnte wie der Elektronische Lohn- und Einkommensnachweis (ELENa). Wegen seiner umständlichen und nutzerfeindlichen Ausgestaltung hatten die Behörden dieses steuerliche Datenerfassungssystem bereits vor einer Verhandlung seiner Rechtmäßigkeit durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) freiwillig wieder zurückgezogen. Der Elektronischen Krankenkarte wünscht die HU Marburg eine noch geringere Lebensdauer.
pm: Humanistische Union Marburg
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