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Aus einem Guss


Büchners Danton grandios inszeniert

24.09.2011 (jnl)
Wegen des letzten Schlosskonzerts war die Premiere des Stücks "Dantons Tod" von Georg Büchner von ursprünglich Samstag (24. September) auf Freitag (23. September) vorgezogen worden. Die vierte Erstaufführung der neuen Spielzeit des Hessischen Landestheaters Marburg fand dann im Fürstensaal des Landgrafenschlosses vor nicht ganz ausverkauftem Haus statt.
In einer straffen - knapp 90-minütigen - Aufführung ohne Pause entfaltete sich Büchners Meisterwerk über die Wirren der französischen Revolution als ein Tableau der Warnung. Vor dem Hintergrund der jüngst erfolgreichen Volksaufstände in drei arabischen Ländern und der hierzulande grassierenden Wirtschaftskrisen-Angst hätte man kaum einen aktuelleren Klassiker wählen können.
Das 1835 entstandene Drama befasst sich mit den Lehren, die man aus der Endphase der französischen Revolution von 1789 ziehen muss. Im Jahr 1794 wurden zahlreiche Bürger und Deputierte als Revolutions-Verräter angeklagt und schließlich hingerichtet.
Von jenen Fraktionskämpfen, bei denen der berühmte Volkstribun Georges Danton und mit ihm die Fraktion der Gemäßigten den radikalen Jakobinern unterlag, handelt Büchners Theaterstück. Die Szenenfolge umkreist die Selbstreflektionen, die Haltungen und Handlungsmöglichkeiten des auf sechs Hauptakteure konzentrierten Geschehens.
Das durchgängig junge Team unter Regisseur Veit Kassel gab eine sehr dynamische, handlungsbetonte Inszenierung wie aus einem Guss. Die allmähliche Steigerung der Spannung durch pointierte Reden und Retardierungen machte die Aufführung zu einem atemlosen, kurzweiligen Abenteuer.
Ungewohnt - aber genau passend - erschien, dass die in der Mitte des Saals platzierten Zuschauer gelegentlich aufstehen und sich bewegen mussten, um auch von Säulen verdeckte Szenen mitzubekommen. Die sechs szenischen Spielorte waren drei Viertel kreisförmig um die Stuhlreihen an den Rändern des Fürstensaals angeordnet.
An einer Stelle hätte man der baubedingten, für Schauspielzwecke mäßigen Akustik des Raums mit Mikrofonen besser nachhelfen können. Die im hinteren Bereich spielende Eingangsszene - mit Danton, Lacroix und Grisetten auf den Lottersofas – konnte man aus dem vorderen Teil des Saals akustisch kaum verstehen.
Alle zehn Darsteller – darunter vier der Statisterie zuzurechnende Komparsen mit stummen Rollen – trugen sehr zum Gelingen der Aufführung bei. Die beiden Hauptrollen Danton (Ogün Derendeli) und sein direkter Gegenspieler Robespierre (Martin Maecker) waren mit bewährten Mitgliedern des Ensembles glänzend besetzt. Ihre Reden flirrten vor verhaltener Leidenschaft.
Die vier sie flankierenden Gastdarsteller - Jonas Schlagowsky als Lacroix, Angel Krastev als Camille, Alexander Garms als St. Just und Michael Golab als Barère – gaben ein facettenreiches Bild der revolutionären Akteure. Besonders bei Garms kalt lächelnden "Blutreden" konnte einem der Atem stocken.
Der unaufdringliche, passgenaue Einsatz von Musik (Maciel Medraia) und "Arabischer Frühling"-Videos (Marco Russo) rundete die Inszenierung multimedial ab. Das Premieren-Publikum feierte die hervorragende Inszenierung minutenlang mit anhaltendem Applaus.
Jürgen Neitzel
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