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Effizient und erneuerbar


Hans Ackermann erhielt Bundesverdienstkreuz

22.09.2011 (fjh)
"Effizient und erneuerbar" muss für Prof. Dr. Hans Ackermann die Energie der Zukunft sein. Doch gelten diese beiden Eigenschaften auch für ihn selbst, meinte Dr. Werner Neumann vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) am Mittwoch (21. September) halb scherzhaft.
Im Historischen Saal des Rathauses überreichte der Hessische Finanzminister Dr. Thomas Schäfer dem Physiker am Mittwochabend das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. Mit dieser Auszeichnung würdigt Bundespräsident Christian Wulff das erfolgreiche Wirken des Marburger Hochschullehrers für die Energiewende, den Umweltschutz und die Weiterentwicklung der Forschung an Technologien für eine nachhaltige Energiegewinnung.
Als Finanzminister untersuche er in einer Arbeitsgruppe des Landes Hessen das Einsparpotential durch einen effektiveren Energieeinsatz, berichtete Schäfer aus seiner eigenen Arbeit. Für die Staatskasse sei es überaus wichtig, solche Einsparpotentiale zu nutzen. Anderenfalls blase man das Geld geradezu zum Schornstein hinaus.
Auch deswegen schätze er das Wirken Ackermanns zugunsten erneuerbarer Energien, erklärte der Minister. Damit habe Ackermann sich weit über die Grenzen Marburgs hinaus Anerkennung erworben.
Die Ehrung angeregt hatte Bürgermeister Dr. Franz Kahle. Insbesondere bei der Erarbeitung der ersten kommunalen Solarsatzung Deutschlands hatte er eng mit Ackermann und seinen einstigen Studenten zusammengearbeitet.
Nach seinem Schulabschluss im schwäbischen Öhringen hatte Ackermann in Tübingen Physik, Mathematik und Chemie studiert. Nach seiner Promotion habilitierte er sich auch dort, bevor er eine Professur in Heidelberg annahm. 1978 kam der Schwabe dann an die Philipps-Universität.
Hier entfaltete er bald vielfältige Aktivitäten. So erwirkte er die Gründung einer Energiesparkommission an der Universität, die zwischenzeitlich aufgelöst wurde, nun aber wieder neu entstehen soll. Er war Mitbegründer des Zentrums für Konfliktforschung (ZfK) und des Interdisziplinären Seminars (ISem) zu Mensch, Natur und Umwelt, das seit 1986 jedes Semester eine gut besuchte öffentliche Vorlesungsreihe veranstaltet.
Auch das Amt des Dekans seines Fachbereichs hatte Ackermann zwei Jahre lang inne. Im seinem Fach verankerte er das Wahlpflichtfach "Physik der Energieversorgung".
Entscheidende Anstöße vermittelte der Physiker aber vor allem der atomkritischen Bewegung und der Entwicklung von Solarenergie und anderen alternativen Energien. Schon in den 80er Jahren lehrte er an der Universität Methoden zur Energiegewinnung aus Sonnenstrahlung oder Windkraft.
Kaum war Ackermann 1978 von Heidelberg mit seiner Frau Traudel nach Marburg gezogen, da drohte ihm in der mittelhessischen Universitätsstadt Ungemach. In seiner Dankesrede erklärte der Physiker, dass er deswegen 1980 die Bewegung gegen eine Atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Frankenberg-Wangershausen mit seinem Fachwissen unterstützt hat.
"Hätten wir die Wiederaufbereitungsanlage bekommen, hätten wir wegziehen müssen", begründete er seine Motivationslage. "Dabei gefiel es uns hier."
1993 übernahm Ackermann die Geschäftsführung eines Fonds, der Geld für die Ausstattung kommunaler Hausdächer mit Photovoltaikanlagen einsammelte. Auch an der Errichtung eines Bürgerwindrads in Wehrda war er maßgeblich mit beteiligt.
Die enorme Bedeutung seines Wirkens für die Universitätsstadt Marburg würdigte Oberbürgermeister Egon Vaupel mit einer Auflistung vielfältiger Aktivitäten Ackermanns zugunsten der Energiewende. Doch nicht nur lokal, sondern auch landes- und bundesweit habe er auf diese Entwicklung maßgeblichen Einfluss gehabt.
Schon 1980 habe Ackermann den Ersatz der Atomenergie durch Sonnen- und Windenergie gefordert. Schon damals habe er auch auf die Einsparpotentiale hingewiesen, berichtete Vaupel. Es habe eben etwas länger gedauert, bis andere allmählich zu der gleichen Einsicht gekommen seien.
Studenten und Doktoranden Ackermanns leiten inzwischen die wichtigsten wissenschaftlichen, behördlichen und wirtschaftlichen Einrichtungen Deutschlands im Bereich der Solar- und Windkraftgewinnung. Er selbst berät das Land Hessen ebenso wie die Stadt Marburg. Im BUND ist er seit Jahrzehnten auf Kreis-, Landes- und Bundesebene aktiv.
Unterstützt wird er dabei von seiner Ehefrau Traudel Ackermann, wenngleich in ihrem Falle die sonst übliche Formulierung nicht zutreffe: "Den Rücken stärken" würden die beiden Ackermanns sich gegenseitig, erklärte der Physiker, da seine Frau immerhin Vorsitzende des BUND-Kreisverbands Marburg ist.
Fast alle Aktivitäten, derer er an diesem Nachmittag öffentlich gerühmt wurde, habe er nicht allein durchgeführt. Unter Nennung vieler Mitstreiter im Raum listete Ackermann die verschiedenen Arbeitsfelder und Erfolge auf und benannte auch künftige Aufgaben zur Fortführung der jeweiligen Entwicklung.
Die Einsicht der maßgeblichen Politiker in die unvertretbare Gefährlichkeit der Atomenergie kommt für den frisch gebackenen Träger des Bundesverdienstkreuzes bedauerlich spät. Insbesondere die Entsorgung des radioaktiven Mülls sei ein ungelöstes Problem, das die gegenwärtige Generation ihren Kindern und Enkeln in unverantwortlicher Weise hinterlasse.
Auch sei der Atomausstieg weltweit noch lange nicht beschlossen, bemerkte Ackermann warnend. Er hoffe nur, dass bis zum endgültigen Ausstieg nicht noch eine weitere Katastrophe wie die im japanischen Fukushima geschehe.
Dem Finanzminister gab Ackermann zum Abschluss noch eine kritische Aufforderung mit auf den Weg nach Wiesbaden: "Vor 20 Jahren war Hessen vorn bei den Erneuerbaren. Das hat sich zwischenzeitlich leider umgekehrt. Heute ist Hessen hier weit hinten!"
Franz-Josef Hanke
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