18.09.2011 (fjh)
Physiker aus Marburg und dem US-amerikanischen Boulder haben am Sonntag (18. September) einen revolutionären Theorie-Rahmen für die Quanten-Laserspektroskopie vorgelegt. Er verspricht erstmals umfassenden experimentellen Zugang zu komplizierten Prozessen, die sich im Nanometer-Maßstab abspielen. Geringe Anpassungen der bislang gängigen Technologie eröffnen demnach ein weites Feld völlig neuer Anwendungen.
Unter dem Titel "Quantum spectroscopy with Schrödinger cat states“ veröffentlichten die Wissenschaftler um Prof. Dr. Mackillo Kira und Prof. Dr. Stephan W. Koch von der
Philipps-Universität sowie Steve Cundiff von der University of Colorado ihre Ergebnisse vorab in der Online-Ausgabe der Fachzeitschrift "Nature Physics“. Erschienen ist ihr Artikel am Sonntag (18. September).
"Wir haben einen echten Durchbruch erzielt“, freute sich Kira. UUnser komplett neuer Theorie-Rahmen erweitert die Laserspektroskopie durch Quantenaspekte.“
Laserspektroskopie ist eine überaus genaue Methode, um den Zustand materieller Systeme zu analysieren und kontrolliert zu handhaben. Bereits heute findet sie zahlreiche Anwendungen in Physik, Chemie, Meteorologie und den Lebenswissenschaften. Beispielsweise beruhen die universellen Standardmaße für Zeit und Raum auf hochpräziser Laserspektroskopie.
Indes findet dabei die Ausnutzung von quantenoptischen Charakteristika des Lichts bislang eine enge Grenze, die durch die Komplexität der betrachteten Objekte gezogen wird. Die experimentelle Forschung beschränkt sich daher im Wesentlichen auf vergleichsweise einfache Systeme wie zum Beispiel einzelne Atome.
Der Ansatz von Kira und seinen Kollegen soll nunmehr ermöglichen, quantenoptische Untersuchungen auch an Vielteilchen-Systemen durchzuführen. Gedacht ist dabei etwa an Halbleiter und Moleküle.
"Die quantenoptischen Prozesse in solchen Systemen sind abhängig vom jeweiligen Systemzustand und den Wechselwirkungen, die dabei vorkommen“, erklären die Autoren. In ihrem Aufsatz analysieren sie experimentelle Ergebnisse der Laserspektroskopie und kombinieren die Daten mit einem neuartigen Theorie-Rahmen. Wie die Verfasser ausführen, projiziert das von ihnen vorgeschlagene Schema eine große Zahl klassischer Messungen auf das Verhalten eines mathematisch präzise definierten Quantenlasers.
"Wir demonstrieren, dass die Ergebnisse klassischer Anregungsexperimente bereits alle Informationen enthalten, um auch die quantenoptischen Zustände des Systems zu charakterisieren“, erläuterte Kira. "Unsere Ausarbeitung zeigt, wie sich diese verborgenen Informationen extrahieren lassen.“
Auch wenn die vorgelegte Analyse sich auf Halbleiter fokussiert, seien die künftigen Anwendungen keineswegs darauf beschränkt. "Im Prinzip kann mit unserer Methode jedes Vielteilchen-Objekt untersucht werden“, sagte Kira voraus. Dabei könne man auf die experimentellen Vorgehensweisen zurückgreifen, die in der hochpräzisen Laserspektroskopie seit Langem etabliert sind.
"Wir glauben, dass unser Ansatz die Laserspektroskopie revolutionieren wird“, beteuert der Marburger Physiker. Die bisherige Aufnahme im Kollegenkreis scheint diese Einschätzung zu bestätigen: "Wir haben so enthusiastische Reaktionen erfahren wie nie zuvor!“
pm: Philipps-Universität Marburg
Text 6169 groß anzeigenwww.marburgnews.de