08.09.2011 (mal)
Ein Mann kommt zum Metzger und zeigt geradewegs auf einen Schinken. Er sagt: "Geben Sie mir doch bitte von diesem Fisch dort.“
Der Metzger reagiert darauf relativ irritiert: "Aber mein Herr, das ist doch ein Schinken!“ Daraufhin antwortet der Mann: "Ich habe doch nicht gefragt, wie der Fisch heißt.“
Von humorvollen Anekdoten, Vegetarismus in Japan sowie islamischen und jüdischen Speisevorschriften handelte ein Vortrag am Mittwoch (7. September) im Rahmen der Reihe "Religion am Mittwoch". Durchgeführt wurde er im Fachbereich Religionswissenschaft der
Philipps-Universität.
Die Veranstaltung begann mit einer thematischen Führung durch die Religionskundliche Sammlung. Ein jüdischer Speiseteller und eine buddhistische Opferschale wurden vorgestellt.
Damit einher ging eine kurze Einführung in die Glaubenspraxis beider Religionen. Ansonsten eher fehl am Platz in der Religionswissenschaft, wurde an diesem Abend ein sprachkundiger Theologe von den Teilnehmern schmerzlich vermisst.
Ein solcher religiöser Spezialist hätte mit Sicherheit die hebräische Schrift auf dem jüdischen Speiseteller übersetzen können. Leider vermochte das keiner der Anwesenden.
Nach dem Rundgang führten die Veranstalter abwechselnd in die Speisevorschriften von Judentum, Islam und Buddhismus ein. Was "koscher“, "treife“ und "parve“ im Judentum bedeutet, erklärte die Religionswissenschaftlerin Konstanze Runge.
Die jüdischen Speisegesetze seien religionsgesetzliche Vorschriften für die Zubereitung und den Genuss von Speisen sowie Getränken. Sie entstammten den frühesten kanonischen Texten der Israeliten, wurden im rabbinischen Judentum weiterentwickelt und zu einer der Säulen der jüdischen Religionsgesetze.
"Koscher" umfasse alle für den Verzehr erlaubten Lebensmittel. Nach dieser Regelung seien nur Tiere als "koscher" zu betrachten, die zweigespaltene Hufe haben und Wiederkäuer sind. Von den im Wasser lebenden Tieren seien solche "koscher", die Flossen und Schuppen haben. Alle Produkte von koscheren Tieren gelten ebenfalls als koschere Lebensmittel.
"Treife" hingegen umfasse alle für den Verzehr nicht erlaubten Lebensmittel. Hierunter fielen alle Tiere, die keine gespaltenen Hufe haben und nicht wiederkäuen. Unter "treife" fielen ebenfalls von den Meerestieren alle diejenigen, die keine Fische sind sowie sämtliche Reptilien und Insekten.
Heuschrecken und Grashüpfer seien von dieser Regel ausgenommen und ausdrücklich erlaubt. Blut als Sitz der Lebenskraft dürfe in keinster Weise verzehrt werden.
"Parve" bezeichne die neutralen Lebensmittel. Hierzu gehörten sämtliche Obst-, Gemüse- und Getreidesorten, Eier, Honig und Fisch. Diese neutralen Lebensmittel könnten - mit Ausnahme von Fisch - sowohl zusammen mit fleischigen als auch mit milchigen Speisen verzehrt werden.
Runge ging auch auf die Bedeutungsebenen der Speisevorschriften ein. So gebe es eine ethische Dimension. Die Vorschriften würden als sehr früh niedergeschriebener Artenschutz interpretiert.
Sie schränkten die Menge der Tiere stark ein, die das Volk Israel essen durfte. Gleichzeitig verringerten sie die Menge von Exemplaren, die getötet und gegessen werden durften.
Koschere Speisen seien sowohl zum eigenen Verzehr gedacht; sie stellten aber auch ein rituelles Opfer dar. Eine andere Dimension sei die Abgrenzung. Die Juden distanzierten sich so von anderen Ethnien und Religionsgemeinschaften.
Damit einher gingen die Stärkung von Identität und Gemeinschaft aus der Erfahrung heraus, permanent mit einer leidvollen Historie konfrontiert zu sein. Hinzu komme bei den meisten Juden die Situation, in der Diaspora zu leben.
Allerdings komme es auch zu einer Unterscheidung zwischen orthodoxen und weniger frommen Juden. So solle sicher gestellt werden, dass sich beide Gruppen nicht vermischten.
Die Speisegebote haben die jüdische Küche und die gesamte Haushaltsorganisation streng religiöser Familien maßgeblich beeinflusst. Gerade im Judentum sei die Verbindung von einzelnen Festtagen mit sehr symbolreichen Speisen besonders eindrucksvoll entwickelt.
Was im Islam an Speisen als "halal“ erlaubt ist, erklärte die Religionswissenschaftlerin Leyla Jagiella. Sie zeigte die Parallelen zwischen jüdischen und islamischen Speisevorschriften auf.
Der Religionsstifter Mohammed habe sich intensiv mit dem Judentum beschäftigt und die dortigen Regelungen für gut befunden. Einen Teil dieser Gebote habe er daraufhin als Basis für die islamischen Vorschriften verwendet.
Ebenso wie die Juden kannten auch die Muslime einen Fastentag am ersten Tag des ersten Monats. Da der islamische Kalender etwas anders organisiert ist als der jüdische, gebe es allerdings keine absolute Übereinstimmung mehr zwischen den beiden Fastentagen.
Weizen, Hirse, Datteln, diverse Gemüsesorten, Ziegen, Schafe und Hühner bildeten die Nahrungsgrundlage der islamischen Küche. Typisch sei neben der Verwendung zahlreicher Gewürze und Gewürzmischungen auch die Verbindung von Fleisch und großen Zuckermengen in einem Gericht.
Einen anderen Schwerpunkt legte die Religionswissenschaftlerin Dr. Katja Triplett. Sie thematisierte den strengen Vegetarismus im Buddhismus als identitätsstiftendes Merkmal.
In dieser Religion existiere ein Verzicht auf Fleisch und Fisch. Milch und Milchprodukte seien allerdings erlaubt.
Grund dafür sei in erster Linie die Karma-Lehre von Ursache und Wirkung und dem daraus resultierenden Grundsatz der Gewaltlosigkeit. Nichtvegetarische Nahrung werde als Anlass zur Entstehung von schlechtem Karma aufgefasst.
Daher gelte generell, dass Buddhisten weder ein Schlachttier töten noch bei einer Schlachtung anwesend sein sollten. Sie sollten kein Fleisch von Tieren essen, die eigens ihretwegen geschlachtet wurden und dürften vom Schlachtprozess auch keine Kenntnis haben. Auch dürfe mit dem Fleisch kein Handel betrieben werden.
Gelübde für Mönche, Nonnen und Laien enthielten entsprechende Selbstverpflichtungen. Es gebe jedoch keine allgemeine Regel, die Fleisch- und Fischnahrung grundsätzlich ausschließe. Daher habe sich der Vegetarismus in der buddhistischen Bevölkerung vieler asiatischer Länder und in den Klöstern nicht auf breiter Basis durchsetzen können.
Grundsätzlich tabu sei allerdings der Verzehr von Menschenfleisch. Das Verzehren von Elefant, Pferd, Hund, Schlange, Tiger und Bär seien auch untersagt und zählten zum unreinen Fleisch.
Auch Pflanzen dürften nicht "getötet" werden. Daher würden nur Pflanzenteile gereicht oder Pflanzen, von deren "Tötung" man keine Kenntnis habe. Knoblauch, Zwiebeln und Wurzeln seien grundsätzlich nicht erlaubt.
Passend zu "koscher, halal & Co." wurden im Anschluss an die einstündige Vortragsreihe typische Speisen zum Verkosten angeboten. Ein Apfelkuchen stammte aus dem Bereich des Judentums.
Er wurde auf vollständiger Öl-Basis gebacken. Das Rezept hierfür entstammt einem jüdischen Kochbuch. Ferner wurde ein islamisches Dessert namens "Asure" angeboten. Es bestand aus Bohnen, Kichererbsen, Weizen, Reis, Wasser, Rosinen und Puderzucker. Die Zutaten wurden einzeln gekocht und dann vermischt. Aus dem Bereich des Buddhismus wurde eine Gemüsesuppe mit Tofu und Seetang gereicht. Die traditionelle Rezeptur verspreche Vitalität. Für die Teilnehmer war der Abend ein vielseitiges Erlebnis für Geist und Gaumen.
Martin Ludwig
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