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Elisabeth Hermann stellte ihren neuen Roman vor

07.09.2011 (jnl)
Gut recherchierte Inhalte und spannungsreiche Erzählung bilden eine attraktive Mischung. Die Lesung der Berliner Autorin Elisabeth Herrmann am Dienstag (6. September) im Technologie- und Tagungszentrum (TTZ) fesselte die zahlreich erschienenen Zuhörer mit Charme und Sprachkraft.
Die gebürtige Marburgerin vom Jahrgang 1959 las fünf Teilkapitel aus ihrem kürzlich erschienen Kriminalroman "Die Zeugin der Toten". Inhaltlich geht es darin um eine Frau, die als Kind ein Opfer der DDR-Heimerziehung wurde.
Wegen des Todes ihrer Eltern bei der Republikflucht wurde Christel Sonnenberg als Fünfjährige zur Waisen. Aus Staatsraison sorgte das Ministerium für Staatssicherheit (StaSi) dafür, dass ihre Erinnerungen an die Eltern in einer Art Gehirnwäsche überdeckt würden durch eine andere Identität. Seitdem hieß sie Judith Kepler.
"Judith" entdeckt das erst rund 25 jahre später, während sie als "Death Scene Cleaner" arbeitet. An den Tatort einer Bluttat gerufen, um die Wohnung gründlich zu reinigen, so dass sie wieder vermietbar wird, findet sie dort ausgerechnet ihre Kinderheim-Akte.
Sie geht den Spuren nach und entdeckt ihre verschüttete Vergangenheit. Allerdings wehren sich die Täter auch nach so vielen Jahren noch handgreiflich dagegen, dass ihre Verbrechen aufgedeckt werden.
Der Roman zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er ohne polizeiliche Ermittler auskommt. Die 30-Jährige Heldin des sehr filmisch gestalteten Plots erforscht als Detektiv in eigener Sache die Schatten der Vergangenheit.
In knapper, treffender Sprache gestaltete die Autorin aus den vulkanischen Emotionen einer "einsamen Wölfin" einen Psycho-Thriller vor dem Hintergrund der deutsch-deutschen Geschichte.
Die Schriftstellerin erwies sich als exzellente Vorleserin. Die Dialoge klangen aus ihrem Mund schneidend zynisch oder flüsternd angsterfüllt - je nach Rolle, in die sie schlüpfte.
Zurecht wurde sie vom Publikum gefragt, warum sie bei derart ausgeprägt schauspielerischen Fähigkeiten denn die Hörbücher zu ihren Romanen nicht selbst einlese? "Ganz einfach", gab sie zurück, das sei verlegerische Kalkulation.
Wenn ein bestens eingeführter Name wie "Nina Petri" auf dem Hörbuch stehe, verkaufe es sich doch erheblich besser. Noch sei sie selber beim breiten Publikum zu unbekannt.
Ihren Weg zur Schriftstellerei schilderte Hermann als umwegreich. Im ländlichen Mittelhessen aufgewachsen, sei sie sehr rebellisch gewesen und vom Gymnasium geflogen. Nach einfachen handwerklichen Jobs habe sie erst viel später studiert und sei dann zunächst Radio-, später Fernseh-Journalistin geworden.
Da man ihre durchrecherchierte Story über ukrainische Zwangsarbeiterinnen als Kindermädchen während der Nazi-Zeit nicht umsetzen wollte, sei sie offenkundig gezwungen gewesen, diese Geschichte wenigstens als Buch zu verwirklichen. Dieser Debüt-Roman "Das Kindermädchen" wurde dann durch Mundpropaganda ein Bestseller.
Kürzlich wurde der Stoff dann doch als Fernseh-Drama verfilmt. Ende des Jahres 2011 wird es im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF) zu sehen sein.
Die - übrigens ausgesprochen gutaussehende und temperamentvolle - Mutter einer Tochter im Grundschulalter betonte, dass sie hoch erfreut sei, dass ihr Sprössling eine ebensolche "Leseratte" sei wie sie selber. Von ihrem vorgestellten neuen Roman, der bei den rund sechzig Besuchern auf spürbare Begeisterung stieß, plant sie schon jetzt eine Fortsetzung. Wer Bücher solcher Qualität vorlegt, wird sicher auch ein drittes Mal auf Lesereise in Marburg Station machen.
Jürgen Neitzel
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