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Flucht vor Raubtier


Attac-Städtetour gegen europäische Handelspolitik in der Waggonhalle

16.05.2008 (sts)
Mit einer neuntägigen Städtetour will die globalisierungskritische Organisation attac auf die Auswirkungen der EU-Handelspolitik aufmerksam machen. Am Donnerstag (15. Mai) waren die Aktivisten unter dem Motto "Afrika als Spielball europäischer Konzerne – Die EPA-Freihandelsabkommen“ zu Gast in der Waggonhalle. Rund 90 Interessierte wohnten der Veranstaltung mit Vorträgen und Diskussion bei.
"Stop EPA“, lautete die Forderung von attac. EPA ist die Abkürzung für "Economic Partnership Agreements“, was mit "Europäische Wirtschaftspartner-Abkommen“ übersetzt werden kann. Solche Abkommen will die Europäische Union (EU) mit 79 Staaten Afrikas, Mittelamerikas und der Karibik schließen. 35 Staaten haben ein solches Abkommen bereits unterschrieben. Durch diese Abkommen würden die Entwicklungsländer gezwungen, ihre fragilen Märkte für multinationale Konzerne zu öffnen, kritisierte attac. Neben dem Wegfall von Zolleinnahmen berge vor allem die Privatisierung staatlicher Dienstleistungen wie Wasserversorgung, Bildung oder Gesundheitswesen große Gefahren für die betroffenen Staaten. Daher übersetzt attac EPA auch mit "Europa plündert Afrika“.
Die kenianische Anwältin Wangui Mbatia verglich in ihrem Vortrag Afrika mit einem Schaf, das den großen Wirtschaftskonzernen, den Raubtieren, zum Fraß vorgesetzt wird. "Wenn die afrikanischen Kleinbauern zukünftig mit den staatlich subventionierten europäischen Bauern in einen direkten Konkurrenzkampf treten müssen, dann müssen sie verlieren“, prognostizierte Mbatia.
Die Übernahme der Wasserversorgung durch profitorientierte Wirtschaftskonzerne bedeute automatisch, dass nur diejenigen versorgt würden, die auch bezahlen könnten. "Wir werden durch die Multi-Konzerne versklavt werden“, befürchtete Mbatia.
Auswirkungen der EPAs treffen aber auch Europa selbst. "Der gleiche Konzern, der die Wasserversorgung in Kenia übernommen hat, besitzt seit 1999 die Hälfte der Anteile an den Berliner Wasserwerken“, erklärte Mbatia. Seitdem seien die Wasserpreise in der deutschen Hauptstadt um astronomische 26 Prozent gestiegen. Berlin habe damit das teuerste Wasser in ganz Deutschland.
Die Privatisierung anderer öffentlicher Güter wie der Bildung lasse sich an der Erhebung von Studiengebühren ablesen. In Kenia koste ein Studium mittlerweile 2.500 US-Dollar pro Jahr. Diese Summe könne sich nur eine ganz kleine Minderheit leisten.
"Wenn das Schaf Afrika gefressen ist, dann kommt als nächstes die sich noch in Sicherheit wiegende Kuh - nämlich Europa - dran“, warnte Mbatia abschließend.
Die "Stop-Epa“-Städtetour endet am Mittwoch (21. Mai) in Heidelberg und ist zuvor noch in Hannover, Osnabrück, Münster und Köln zu Gast.
Stephan Sonntag
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